Rezension zu "Salzwasser" von Charles Simmons
„Die Wellen auf der Atlantikseite spritzen bis zu mir herauf. Wahrscheinlich habe ich geweint. Tränen und Salzwasser schmecken gleich.“ (S. 138)
Michael verlebt die Sommermonate mit seinen Eltern wie jedes Jahr auf der kleinen Insel Bone Point am Atlantik.
Das Gästehaus wird an neue Besucher vermietet und so trifft der 15-jährige Michael auf die 20-jährige Zina; Fotografin, zu Hohem bestrebt, wunderschön, selbstbewusst - und Michael verliebt sich sofort in sie. Es ist die erste große Liebe - zu einer älteren Frau, die selbst noch auf der Suche ist, was sie im und vom Leben will und was Liebe für sie bedeutet.
Die beiden Suchenden verbringen Zeit miteinander, doch finden sie wirklich zueinander? Dem gegenüber steht die Ehe von Michaels Eltern, die alles andere als erfüllt und harmonisch ist. Die Beziehung zwischen Michael und seinem Vater allerdings ist sehr innig, doch auch diese wird in dieser Erzählung auf die Probe gestellt, denn die Wege der Liebe sind unergründlich...
Der Roman von Charles Simmons ist eine Neuerzählung der Novelle „Erste Liebe“ von Iwan Sergejewitsch Turgenew aus dem Jahre 1860, die mir vorher nicht bekannt war. Simmons lässt die Handlung seiner Erzählung im Jahr 1963 spielen, 1998 wurde der Roman zum ersten Mal veröffentlicht und jetzt vom C.H.Beck-Verlag neu herausgebracht.
Auf 143 Seiten begleiten wir den Hauptprotagonisten Michael in diesen Sommermonaten - er erzählt uns von seinen Kindheitserinnerungen auf Bone Point, vom Fischen mit seinem Vater und dann kommt Zina in sein Leben - und das verändert alles. Zwischen Strandpartys, Segeltrips und intimen Spaziergängen am Meer werden wir immer tiefer hineingezogen in den Strudel der Liebe. Verliebtheit - Liebe - was ist der Unterschied?
Und die Tragik der unerfüllten Liebe stehen in diesem Roman zentral.
„Man empfindet die Liebe als einen Strahl, den man auf einen anderen Menschen richtet. Manchmal wird er zurückgeworfen, manchmal nicht. Aber die Liebe ist kein solcher Strahl, sie ist ein Lichtschein, der in alle Richtungen gleichzeitig leuchtet. Den Verliebten kommt es so vor, als bescheine der Strahl ein einziges Objekt. Das liegt daran, dass er selbst nur dieses eine Objekt sieht. Wenn er sich aber umschaut, merkt er, dass viele sein Licht empfangen.“ (S. 115)
Der erste und letzte Satz des Romans lassen mich nachdenklich und melancholisch zurück. Ein Sommer, der alles verändert, eine Kindheit die zu Ende geht und ein Leben. Eine tragische Geschichte, die nachhallt.
3,5 Sterne