„Füreinander sorgen: Warum unsere Gesellschaft ein neues Miteinander braucht“ von Susanne Mierau ist ein aktuelles und wichtiges Buch.
Bei Fürsorge denken die meisten an Kinder oder alte Menschen. Das ist richtig, aber Fürsorge ist noch viel mehr, ALLE Menschen benötigen Fürsorge. Ohne Fürsorge funktioniert unsere Gesellschaft nicht, dennoch wird Care-Arbeit und Fürsorge oft kein Wert beigemessen.
Susanne Mierau schreibt in ihrem Buch darüber, wie wichtig ein gutes Miteinander ist.
"Wir sind begrenzt an Zeit, aber auch an möglicher Belastung. Wir brauchen nicht mehr Zeit, sondern die Anerkennung, dass Füreinander-Sorgen Zeit und Energie kostet."
Die Vorstellung, dass Care-Arbeit, das Kümmern und Fürsorgen, keine Arbeit sind, ist leider noch weitverbreitet. Vor allem Frauen und Müller leiden nach wie vor darunter.
"Wir sind allesamt gefangen in der Vorstellung, dass Sorgearbeit keine Arbeit wäre und deswegen nach der Erwerbsarbeit Freizeit bestände, wir also theoretisch genügend Erholung hätten. Dabei ist das Umsorgen eben keine Freizeit in dem Sinne, dass wir uns in dieser Zeit um unsere Bedürfnisse, um Entspannung, um Ausgleich und ausreichend Schlaf kümmern könnten."
"Und was passiert mit den Mädchen, die von klein auf lernen, dass unbezahlte und nicht als Arbeit wahrgenommene Sorgearbeitet ihr natürlicher Zuständigkeitsbereich ist? Sie verinnerlichen es und übernehmen es als Aufgabe, wodurch das System am Laufen gehalten wird."
Es muss sich dringend etwas ändern, und zwar nicht nur „im Kleinen“, also im Familien- und Lebensalltag, sondern auch die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft müssen dringend die Strukturen von Grund auf verändern.
"Wir müssen unser Denken ändern, unsere Werte, unser Framing von Arbeit, Alltag und Zeit. Um das zu können, müssen wir, nachdem wir nun gesehen haben, dass Sorgearbeit sowohl im bezahlten als auch im unbezahlten Bereich zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt ist, in den Blick nehmen, warum das so ist. Und wir müssen verstehen, was das mit Macht und Hierarchien zu tun hat, deren Existenz uns in einem Verbrennungskreislauf menschlicher Ressourcen gefangen hält, indem gerade Frauen ein Verschleißgegenstand sind "
Susanne Mierau bietet in ihrem Buch keine allgemeingültigen „Lösungen“. Vielmehr zeigt sie auf, wie wir wieder miteinander in Beziehung gehen können, anstatt uns immer mehr voneinander zu entfernen und isoliert zu leben, denn Menschen sind soziale Wesen.
Für alle, die bereits thematisch ähnliche Bücher gelesen haben, bietet "Füreinander sorgen" vielleicht nicht unbedingt so sehr viel Neues. Dennoch halte ich es für ein durchaus empfehlenswertes Buch, denn es bedarf dringend eine Änderung. Wünschenswert wäre, wenn es besonders alle lesen, die glauben bei diesem Thema wären sie "raus" - denn Fürsorge geht uns ALLE an!