Cover des Buches Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste (ISBN: 9783827010889)
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Rezension zu Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste von Suzanne Joinson

Rezension zu "Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste" von Suzanne Joinson

von Feli vor 12 Jahren

Rezension

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Felivor 12 Jahren
Schon seit einiger Zeit habe ich kein Buch mehr gelesen, was mich so sehr in den Bann gezogen hat wie „Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste“. Wer Reisegeschichten liebt und gerne etwas über ferne Länder erfahren möchte, dem kann ich diesen Roman nur wärmstens empfehlen, um sich verzaubern zu lassen von dieser wunderschönen Geschichte. Suzanne Joinson hat ihr Buch in zwei Erzählstränge aufgeteilt, die eine Geschichte spielt im historischen China Anfang der 1920er Jahre, die zweite Geschichte ist in der heutigen Zeit in England (London) angesiedelt. Lizzie und Eva gehen zusammen mit der Missionarin Millicent von England aus in die Mission in das historische China von 1923, genauer nach Kashgar in Ost-Turkestan. Lizzie ist mit Herz und Seele bei der Sache, Eva hingegen ist die lange Reise vor allem deswegen angetreten, um eine neue Welt kennenzulernen und darüber einen Reiseführer zu schreiben. Dieser Reiseführer bildet den einen Teil des Buches. Sie berichtet von ihrer ersten Zeit in dem fremden Land, wo so vieles anders ist und sie als Europäerinnen auffallen. Als sie dann einem Mädchen bei der Geburt helfen und dieses dabei stirbt, werden sie „gefangen genommen“ und dürfen nicht weiterreisen, sollen sich aber um das Neugeborene kümmern. Von den Moslems werden sie schief angeguckt und sind nicht willkommen. Zu ihrem Glück dürfen sie in ein Haus außerhalb der Stadtmauern ziehen. Doch auch hier ist zu merken, dass sie nicht mit offenen Armen empfangen werden. Was Lizzie und Millicent scheinbar nicht merken, aber Eva sehr wohl mitbekommt, ist die Feindseligkeit der Einheimischen, wo sich die Frage stellt, ob diese überhaupt missioniert werden wollen. So haben sie mit unzähligen Schwierigkeiten zu kämpfen und es ist unklar, ob sie jemals wieder zurück nach England reisen können. Frieda ist gerade zurück von einer langen Reise, die sie aufgrund eines Forschungsauftrages unternommen hatte, mit dem Ziel, die Jugend in der islamischen Welt zu interviewen, ihre Anliegen und Sorgen zusammen zu fassen und letztendlich Lösungen anzubieten. Sie fühlt sich, frisch zu Hause angekommen, in ihrer Wohnung eingesperrt wie in einem Käfig. Als dann auch noch ihre Affäre Nathaniel vor der Tür steht, wird das Wiedersehen auch nicht so, wie sie es sich vorgestellt hat. Sie fühlt sich nicht zu Hause, nicht wohl, so dass man ihre Melancholie mitfühlen kann. Als dann aber in den ersten Nächten ein Mann vor ihrer Tür liegt und dort Dinge an die Wand malt, fühlt sie sich zunächst unbehaglich, legt diesem Fremden aber Kissen und Decke vor die Tür. Doch am nächsten Tag ist er weg und hinterlässt nur etwas Gemaltes an der Wand. Es ist unklar, was mit diesem Mann ist. Frieda bekommt zudem noch einen Brief von der Behörde, der ihr mitteilt, dass sie die einzige Erbin einer Irene Guy ist, von welcher sie nun die Wohnung auflösen muss. Sie ist völlig verwirrt und kann sich nicht erklären, wer diese fremde Frau sein soll. Hier kommt dann wieder der fremde Mann ins Spiel, der eine Unterkunft sucht und ihr anbietet, bei der Wohnungsauflösung zu helfen. Die meiste Zeit stellt man sich die Frage, wie diese beiden Erzählstränge, die nichts gemein zu haben scheinen, zusammenpassen sollen. Suzanne Joinson verzaubert den Leser und nimmt ihn mit auf eine Reise in die Wüste nach Kashgar, erzählt von einer fremden Welt, von unterschiedlichsten Lebensbräuchen und Mythen, von der christlichen Mission in der islamischen Welt, und zum anderen als Kontrast das kalte und feuchte England, mit einer Protagonistin, die einsam ist, allein in ihrer Wohnung und scheinbar nicht weiß, wie es mit ihrem Leben weitergehen soll. Mich hat dieser Roman gerade wegen dieser Gegensätze mitgerissen, die bunte, fremde und schillernde Welt in Kashgar vor 90 Jahren, die mir so völlig unbekannt ist, und auf der anderen Seite die Gegenwart, die oft grau, trist und vorhersehbar erscheint. Joinson verbindet diese beiden Welten zauberhaft in ihrem Buch, stellt die Personen so klar dar, dass man sowohl mit auf die Reise der Missionarinnen geht, als auch mit Frieda mitleidet. Für mich ist „Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste“ ein tiefgründiger, märchenhafter, unterhaltsamer und Lust auf mehr machender Roman, der mich überrascht hat und mich neugierig macht auf weitere Bücher von Suzanne Joinson.
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