Cover des Buches Der Klang der Hoffnung (ISBN: 9783570159903)
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Rezension zu Der Klang der Hoffnung von Suzy Zail

aufrütteln und authentisch ... ein Stück Zeitgeschichte für Jugendliche

von JDaizy vor 9 Jahren

Rezension

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JDaizyvor 9 Jahren
"Warum hassen sie uns, Papa?“ Er sah mich lange an, bevor er schließlich antwortete. „Weil wir anders sind, Hanna. Die Menschen fürchten das, was sie nicht kennen.“


Die 15-jährige Hanna hat blaue Augen, wunderschöne lange blonde Haare und sie ist klug. Als begabte Pianistin steht sie kurz vor der Aufnahme ins Konservatorium. Doch im Sommer 1944 zählt das alles nicht mehr. Denn Hanna ist Jüdin.
Zusammen mit ihrer Familie kommt sie ins Lager Birkenau und muss schnell feststellen, dass es immer noch schlimmer kommen kann als sie es sich in ihren dunkelsten Vorstellungen auszumalen vermochte. Doch sie will überleben. Um jeden Preis.

Kennen Sie das Gefühl von Ungewissheit? Vielleicht, wenn jemand aus der Familie erkrankt?! Oder wenn sie ihren Job verlieren und nicht wissen, wie es morgen weitergehen soll?! Oder ein geliebter Mensch hat sie von heute auf morgen verlassen?!
Dann wissen sie was ich meine, wenn ich sage: „Nichts ist schlimmer als die Ungewissheit! Nicht zu wissen, was einen morgen erwartet.“
Um wie vieles stärker muss dieses Gefühl der Juden im Ghetto gewesen sein?! Eingeschlossen. Reglementiert. Unwürdig in Waggons verfrachtet, ihrer Würde und ihrer Person beraubt, in Lagern untergebracht.

„Man wehrte sich hier nicht, man tanzte nicht aus der Reihe. Man tat wie befohlen, setzte einen Fuß vor den anderen und hielt den Kopf gesenkt. Wir marschierten im Takt und blendeten alles andere aus: den eigenen Durst, die schmerzenden Beine, die Schreie ringsum.“

Zunächst findet Hanna Halt in ihrer Familie, besonders in ihrer älteren Schwester Erika, und in ihrer Musik. Doch schnell muss sie lernen auf eigenen Beinen zu stehen und Verantwortung zu übernehmen. Für sich und für das Überleben von anderen.
Hanna ist eine wundervoll gezeichnete Figur, die ihre (fiktive) Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt. Ihre kindliche Naivität, ihr unbändiger Glaube, ihre Hoffnung; aber auch ihre innere Zerrissenheit, ihr „Nicht-Sehen-Wollen“ ließen bei mir schnell ein Bild vor meinem inneren Auge entstehen. Ein Gefühl der Verbundenheit, des Mitgefühls und der Solidarität. Und doch wollte ich am liebsten die Augen verschließen, die Gedanken abschütteln und einfach nur davonlaufen, von den grausamen und eindringlichen Bildern die sich mir im Buch immer wieder aufdrängten.

Der Schreibstil der Autorin ist manchmal etwas sprunghaft. Anfangs flüssig und leicht, wird er irgendwann holprig und abgehackt. Das hat mich zunächst doch irritiert. Doch wenn man weiter liest, erkennt man, dass genau das zum Geschriebenen passt. Dort gibt es kein „gradlinig“ und „sinnig“. Die Gedanken und Ereignisse überschlagen sich. Und warum sollte sich das nicht in der Sprache wieder finden.
Das Buch hat ein wunderschönes Hartcover mit Einband, das passender nicht sein könnte. Wer es gelesen hat, wird verstehen was ich meine. Die Seiten sind griffig, die Schrift gut lesbar. Auch in den Abendstunden; denn es wird schwer werden, dass Buch wieder aus der Hand zu legen, wenn man einmal in ihm gefangen ist. Besonders die graphische Absetzung der Kapitel und Absätze mit dem „Stern“ und dem Stacheldraht geben dem Buch ein in sich geschlossenes Ganzes. Auch wenn das Ende eher offen daherkommt.


Die Autorin Suzy Zail wurde in Melbourne geboren. Ihr Vater überlebte den Holocaust in Auschwitz. Und obwohl dieses Thema in ihrer Familie lange Zeit tabuisiert wurde, fand sie in ihm einen authentischen Zeitzeugen. Seine Geschichte, ihre Geschichte und die Geschichte von vielen Anderen ließ in ihr ein Bild wachsen, das nach außen drängte.
Geschichte ist nicht vergangen. Sie kann sich wiederholen. Deshalb möchte ich jedem dieses Buch ans Herz legen.


Fazit:
Ein Buch, das es versteht begreifbar zu machen, was damals geschah. Ein Buch, das aufrüttelt. Grausam und unbarmherzig und doch voller Gefühl und Hoffnung!
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