Beschreibung
Ein provinzielles Dorf in Deutschland, wie es sie zu Tausenden gibt, mit einem Kreisel, einer Bank und einem alljährlichen Fest. Die Teenager Timo, Valerie und Richard haben jedoch keinen Anschluss in der Gemeinschaft gefunden und versuchen als Außenseiter ihren Weg zu finden. Als das Mädchen Flora eines Tages spurlos verschwindet, macht sich ihre Schwester auf die Suche nach der Vermissten. Dabei setzt sie auf die Unterstützung der drei Außenseiter, ohne zu wissen, in welches Eulennest sie da reingeraten…
Meine Meinung
Mit seinem Debüt»Draußen feiern die Leute« legt Sven Pfizenmaier mehr als einen gewöhnlichen Dorfroman vor, denn in seinem Werk verknüpft er mystisch-kreative Ideen mit Coming-of-Age und auch ein Stückchen Krimi.
Schauplatz der surrealistischen Story um Außenseiter-Jugendliche ist ein kleines Dorf in Niedersachsen, in der Nähe von Hannover. So weit, so unspektakulär. Würze kommt durch die außergewöhnliche Zeichnung der Jugendlichen ins Geschehen.
Timo kleidet sich auch im Sommer mit langen Pullovern, weil er sich für seine pflanzenartigen Gliedmaßen schämt, doch halt, er ist tatsächlich ein Pflanzengeschöpf. Bei Valerie sind es Träume, die sie in einen so tiefen Schlaf ziehen, dass sie 45 Tage an einem Stück durchschlafen kann und Richard wirkt auf jeden, der sich in seiner Nähe befindet wie ein Beruhigungsmedikament.
Wichtige Themen im Verlauf des Erwachsenwerdens, werden von Sven Pfizenmaier in dieser bunten und herrlich erfrischenden Darstellungsform untergebracht. Es geht um das Gefühl zum eigenen Körper, das zu Hause sein und darum seinen Platz in der Welt zu finden. Besonders bei Valerie geht es aber um Zugehörigkeit, denn als Deutsche mit russischen Wurzeln ist sie in beiden Kulturen fremd.
In diesem Dorf gibt es außer Valeries Familie noch einige weitere russische Migrantenfamilien und dann ist da noch Flora, die eines Tages spurlos verschwindet. Wie das alles mit dem sagenumwobenen Drogenboss Rasputin aus Hannover zusammenhängt, versucht ihre Schwester Jenny mit den drei Außenseitern herauszufinden. Zwischen allen Absonderlichkeiten und dem florierenden Geschäft mit Drogen, hat man das Gefühl wie Alice durchs Kaninchenloch in eine schrullige Welt gefallen zu sein, in der die normalen Regeln ausgehebelt sind.
Mit »Draußen feiern die Leute« wird mit viel Fantasie und schrulliger Komik das Anderssein gefeiert, und das in einem Umfeld, in dem Anpassung Trumpf ist. Ein herrlicher Roman, der gekonnt die Atmosphäre der Jugendzeit auf einem Dorf einfängt, das nicht viel mehr als ein (Zwiebel)Fest und eine Kneipe zu bieten hat und dabei mit mystisch-psychedelischen Facetten besticht.
Fazit
Ein abgefahrener Debütroman über das Erwachsenwerden auf dem Dorf, Integration und Drogenhandel.
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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 19.05.2022