Rezension zu "Am liebsten nach SĂĽden" von Sybille Bedford
Manchmal stößt man ganz unverhofft über eine wunderbar unterhaltsame Lektüre auf eine sehr beeindruckende Persönlichkeit. Mir ging das zuletzt bei "Am liebsten nach Süden" von Sibylle Bedford, in der Übersetzung von Matthias Fienbork, so. Sibylle Bedford wurde 1911 in Berlin geboren. Sie war Halbjüdin und homosexuell - für die Nazis also eine wandelnde Zielscheibe. Um sie vor der Internierung zu bewahren arrangierte ihr Freund Aldous Huxley eine Scheinehe mit dem ebenfalls homosexuellen Engländer Walter Bedford. So konnte sich Sibylle Bedford vor dem Übergriff Nazi-Deutschlands retten und sich zugleich ein bürgerliches Leben sichern. Von all diesen Verwicklungen liest man in ihrer Reise-Essay-Sammlung "Am liebsten nach Süden" zwar nichts, schmökert man das Buch aber mit dem Wissen um diesen Hintergrund, stechen immer wieder ihr Freiheitsdrang und ihr gesellschaftskritisches Denken hervor.
Geschrieben hat Bedford ihre im Wesen sehr unterschiedlichen Reiseberichte zwischen der Nachkriegszeit bis hin zum Massentourismus der 1970er Jahre. Sie nimmt die Lesenden in acht Essays von Capri über Dänemark und die Schweiz mit bis in das autokratische Jugoslawien, immer mit einem besonderen Blick auf ihre Umgebung, einem Gläschen Wein in der Hand und einem ausufernden Essen auf dem Teller. Sie setzt sich einfach in ein Auto und fährt los und ist damit eine der ersten Frauen, die so über ihre Reisen berichten. Erschienen sind die Texte in diversen Hochglanzmagazinen, unter anderem der Vogue.
Gerade wegen solcher Bücher finde ich die Büchergilde einfach fabelhaft, denn niemals wäre ich von selbst darauf gekommen, diese Reiseberichte der 2006 verstorbenen Schriftstellerin und Journalistin zu lesen. Im Gewand der Büchergilde unterwegs-Reihe ist die Lektüre dazu noch ein richtiger Hingucker und passt in jede (Reise-)Tasche. Ein perfektes Sommerbuch, das die akute Reiselust stillt und mir eine ausgesprochen inspirierende Frau näher gebracht hat. Toll!