Rezension zu "Land der Feuer" von Sylvia Iparraguirre
"[…] dieser Mann, dem Europäer den Status eines Menschen kaum zugestehen würden, da ihm aus ihrer Sicht die wesentlichen Merkmale fehlten, die ihn als solchen ausweisen (denn er besaß weder ihre Religion noch ihre Lebensweise, noch ihr Kleidung […]." (Iparraguirre 2008:208)
Dieser Mann, war ein junger Yámana, der nach England verschleppt wurde. Dort wurde ihm eine Ausbildung zuteil , die neben englischen Sprachkenntnissen auch die vermeintlich zivilisierte Lebensweise enthielt. Nach etwa zwei Jahren wird Jemmy zurückgeschickt - auf genau jener Reise, die auch Charles Darwin nach Argentinien führte. Immer wieder begegnet er dabei auch Jack Guevara, der uns diese Geschichte wiedergibt. Als eines Tages ein Massaker geschieht, dem Jemmy Button beigewohnt haben soll, kommt es zur Gerichtsverhandlung.
Die Geschichte von Jemmy Button, einem Yámana, der auf Feuerland lebte, und nach England verschleppt wird, ist historisch belegt. Iparraguirre erzählt uns diese aus Sicht von Jack Guevara, dem Sohn eines Engländers und einer Argentinierin - ein Gaucho, wie es sie vielfach in Argentinien gibt. Jack - der nicht wirklich Europäer ist und auch nicht wirklich indigen - jemand der zwischen den Enden der vermeintlichen Entwicklungslinie des Menschen steht, an dessen Spitze sich der Europäer wähnt. Iparraguirre verstrickt geschickt, die aufkeimenden Rassentheorien des 19. Jh., mit der Reise Charles Darwins auf der Beagle mit dem Schicksal von Jemmy Button, der der zivilisierten Lebensweise zugeführt werden soll.
Dabei lässt sie den Hauptprotagonisten Jack beiden Seiten der Geschichte reflektieren und zeigt uns die barbarische Seite der Europäer und die zivilisierte der Yámana. Gleichzeitig bedient sie das sarmientonische Bild der Barbarei vs. Zivilisation, dass in Argentinien nicht wegzudenken ist und dreht es um, indem sie die europäischen Handlungsmotive in Frage stellt.
Kurzum: Dieser Roman kann argentinischer nicht sein: Darwin, Sarmientos Zivilisation vs. Barbarei, der Kampf um die Malvinas (wie die Argentinier die Falklandinseln nennen) und das indigene Leben Feuerlands. Dass ist spannend, braucht aber eben auch sehr viel Hintergrundwissen, um das Buch in all seiner Tiefe wertschätzen zu können. Daher lege ich jenen das Buch ans Herz, die eine Faible für Argentinien und seine Geschichte haben.