Rezension zu "Lolly Willowes" von Sylvia Townsend Warner
Nach dem Tod ihres Vaters zieht die unverheiratete Laura Willowes mit fast 30 Jahren vom ländlichen Familiensitz zur Familie ihres ältesten Bruders nach London. Dort integriert sie sich in dessen Haushalt und kümmert sich als "Tante Lolly" um die Nichten und Neffen. Nach Ende des Krieges und einem erweckungsähnlichem Erlebnis beschließt Laura schließlich, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und zieht trotz Missbilligung der Familie in die Chiltern Hills. Dort kann sich Laura nicht nur wieder der Natur hingeben und ihrem eigenen Leben widmen, sie spürt auch, dass es hier noch anderes für sie gibt: Sie wird als Hexe auserwählt und geht einen Bund mit dem Teufel ein.
Für mich hat das Buch hat definitiv seine Höhen und Tiefen. Der Anfang war sehr leicht mit einer fast schon lyrischen Sprache, viel Atmosphäre und einem feinem Humor. Dass zu Beginn auf die einzelnen Familienmitglieder, sowohl lebend als schon verstorben so ausführlich eingegangen wurde, hat mir den Eindruck vermittelt, dass in diesem Buch die Geschichte nicht nur poetisch, sondern auch ausgiebig erzählt wird.
Tatsächlich zieht das Tempo dann aber ordentlich an, viele wichtige Ereignisse werden nicht langsam aufgebaut und auserzählt, sondern einfach in einem Satz präsentiert. Nachdem Laura nach dem Tod ihres Vaters von Lady Place zu ihrem Bruder in die große Stadt London zieht, wird sie ein Teil dessen Haushalts, integriert sich bis zur Selbstaufgabe in dessen Familie und wird charakterlich eher blasser trotz steigender Seitenzahl.
Nach Lauras Entschluss nach Great Mop zu ziehen blüht nicht nur sie selbst auf, auch die sprachliche Gestaltung wird wieder viel bildhafter und atmosphärischer. Besonders stimmungsvoll ist Als dann jedoch ihr Neffe Titus zu ihr zieht (was wieder völlig abrupt geschieht) wird es abwegig. Lauras "Erwählung" durch den Teufel und ihr Besuch eines Hexensabbats war schon verworren und hat mich nicht wirklich abgeholt. Es blieb zuviel in der Schwebe und es fehlte die ausführliche Beschreibung, die zu Beginn auf die Ahnen verwandt wurde. Ich hätte mir hier mehr Erzählung gewünscht.
Da sich Laura durch Titus` "Eindringen" in "ihr" Great Mop von der alten, konventionellen Welt wieder eingefangen fühlt, muss sie ihn loswerden. Und dies tut sie mit Hilfe ihres neuen Verbündeten.
Die Befreiung und Selbstbestimmung, die Laura durch ihr "Hexe sein" und ihren Bund mit dem Teufel gewonnen hat, wird am Ende nochmal in einem langen Monolog zusammengefasst und das hat mir gut gefallen. Hier werden die Gedanken nochmal gut zusammengefasst, die Rolle der Frau der damaligen Gesellschaft dargestellt und wertfrei die beiden Pole "Gott" und "Satan" gegenübergestellt, Das hat für mich das ganze gut abgerundet, die Notwendigkeit einer eindeutigen Klärung, ob es nun Realität oder Fantasie ist, überflüssig gemacht und mich zum Nachdenken angeregt.