Rezension zu "Weibskram" von Sylwia Chutnik
mein erster gedanke: krasses buch! mein zweiter: ein gutes buch. aber krass, oft zu krass. dieses buch ist nichts für menschen, die vom alkohol abhängig sind oder jemand daran haben krepieren sehen. dieses buch ist nicht für shizophrene oder solche, die es werden könnten. dieses buch ich nicht für einsame, kinderlose, holocaustüberlebende, ungeliebte, diskriminierte, sanfte, empfindliche. nicht für solche, die ein kind verloren haben, die sich in ihrem körper nicht wohl fühlen, die kein blut sehen oder (darüber) lesen können.
selten hat mich ein buch so abgestoßen und zugleich angezogen. schorf, blut, eiter, schürfen, fotze, mistkerl, pusteln, kratzen, schwuchtel, krätze, blut, krampf, röcheln, schlagen, und ich könnte noch viele vokabeln finden, denn man liest sie fast auf jeder seite. weibskram ist ein intimes, brutales, ehrliches und direktes buch, das auf jeder seite wehtun kann. es kostet überwindung aber unterm strich ist es wert gelesen zu werden. selten hat jemand es geschafft, so unverfroren in die rolle einer alkoholikerin, einer 90-jährigen jüdin aus dem warschauer ghetto, eines transsexuellen oder eines jungen mädchens zu schlüpfen und dabei glaubnhaft zu sein. überhaupt fasziniert das buch am meisten durch seine außergewöhnlich intensive, fast abgerissene sprache. die sätze sind so voll und dicht, dass sie zu platzen scheinen. ich las es schnell und es bebt noch in mir nach.