Cover des Buches Die Terranauten (ISBN: 9783446253865)
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Rezension zu Die Terranauten von T. C. Boyle

Gelungener Start, schwaches Ende

von Lit-Trip vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Im Klappentext wurde leider zu viel Spannung vorweg genommen. Trotz des gelungenen Einstiegs konnte es ab der Hälfte nicht mehr überzeugen.

Rezension

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Lit-Tripvor 7 Jahren
Beschreibung auf dem Buchrücken:


"Aber ihr seid doch keine Märtyrer, hieß es dann. Ihr seid nicht wirklich auf dem Mars. Es geht nicht um Leben und Tod. Das sagten die Leute - und vielleicht sagen auch Sie es gerade - ,aber sie hatten unrecht. Ein Schwur ist ein Schwur."

Was passiert, wenn man vier Männer und vier Frauen in ein riesiges Terrarium einsperrt? Wissenschaftler in Arizona unternehmen den Versuch, in einem geschlossenen Ökosystem das Leben nachzubilden.


Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt.
Dawn hat es ins Terranauten-Team geschafft und die Freude ist dementsprechend groß. Mit ihrer fachlichen Erfahrung im Bereich Nutztiere und ihrem guten Aussehen konnte sie das Auswahlkommitee überzeugen. Denn sowohl das wissenschaftliche Know-how als auch das gekonnte Präsentieren vor der Kamera sind wichtige Eigenschaften, die ein Terranaut mitbringen sollte.
Linda dagegen hat es nicht geschafft und fühlt sich von ihrer besten Freundin Dawn verraten. Sie versinkt in einem Loch aus Selbstzweifeln, Selbstmitleid und Rachegefühlen und kann die Schuld an allem nur in ihrer Umgebung finden.
Ramsay ist ebenfalls Teil des Teams und wird sich während der zwei Jahre um die Kommunikation nach außen kümmern. Während er Dawn sehr attraktiv findet und sich gedanklich schon auf die Zeit mir ihr in abgetrennter Atmosphäre freut, findet er Linda einfach nur lästig und nervig.
Der Leser bekommt also sowohl von innen als auch von außen Informationen und Berichte über die Geschehnisse. Zu jeder Zeit hat der Autor die Perspektivwechsel sehr klug eingesetzt, um gezielt Spannung und Tiefe zu erzeugen. Ab und zu berichten verschiedenen Personen über die selben Ereignisse, was nicht bedeutet, dass die Aussagen übereinstimmen müssen. Manchmal wird der Leser dazu gedrängt, für sich selbst abzuwägen, wem er sein Vertrauen und seinen Glauben schenkt. Das bringt eine interessant Dynamik in das Figurenensemble und baut eine unkonventionelle Beziehung zwischen Figur und Leser auf.
Die Charaktere konnten mich durch unglaublich lebensnahe Persönlichkeiten überzeugen. Keine 0815-Charaktere, die vor Perfektionismus nur so strotzen, sondern wirkliche Menschen, die unter besonderen Umständen auch gerne mal ziemlich unsympathische Entscheidungen treffen können und gemeine Gedanken haben.


Der Schreibstil konnte mich durchweg begeistern, selbst die Schachtelsätze, die eigentlich relativ häufig vorkommen, sind mir erst nach den Kommentaren von anderen Lesern aufgefallen. Die Geschichte liest sich flüssig und schnell. Viele Details und ausführliche Beschreibungen machten die Geschichte für mich sehr interessant und nahbar. Allerdings muss ich an dieser Stelle eine kleine Warnung aussprechen: Wer auf den Punkt gebrachte Erzählweisen bevorzugt und viel Drumherum nicht mag, der sollte sich womöglich zuerst die Leseproben ansehen, da das Buch zu einigen Längen und genauen Erklärungen neigt.


Die erste Hälfte des Buchs konnte mich sofort packen, doch danach ließ mein Interesse abrupt nach. Die Charakter wurden schlichtweg unerträglich und theatralisch, obwohl ich vorher noch die lebensnahen Züge so sehr gelobt habe. Die meisten Handlungen konnte ich nicht mehr nachvollziehen und der weitere Verlauf der Geschichte war vorhersehbar. Kurz gesagt: es wurde langweilig und öde. Dazu kommt noch, dass im Klappentext ein riesengroßer Spoiler steckt, der den Höhe- und Wendepunkt der Geschichte verschwinden lässt. Mein Rat: LEST AUF KEINEN FALL DEN KLAPPENTEXT, NUR DER TEXT AUF DEM BUCHRÜCKEN IST SPOILER-FREI!!!


Wer also mit sehr lebensnahen & realistischen Charakteren, die auch mal unsympathisch sein können, klar kommt und ein Schwäche für ein gewisses Maß an Drama hat, dem könnte dieses Buch gefallen. Wer aber eine wissenschaftliche Geschichte mit einem Schwerpunkt auf dem Projekt erwartet, sollte doch lieber ein anderes Buch zur Hand nehmen.


Das Buch basiert übrigens auf einem tatsächlich realisiertem Projekt - Biosphere 2 -, dem der Autor in seiner Erzählung auch ziemlich treu geblieben ist.
Informationen:
Offizielle Website: http://biosphere2.org/
Wikipedia ( English): https://en.wikipedia.org/wiki/Biosphere_2
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