Cover des Buches Hart auf hart (ISBN: 9783446247376)
B
Rezension zu Hart auf hart von T. C. Boyle

Wehe wenn sie losgelassen

von bookscout vor 9 Jahren

Rezension

B
bookscoutvor 9 Jahren
Prinzipiell schätze ich T.C. Boyle als kontroversen Autor sehr, bis dato ausschließlich im Original: Seine unverblümte Art und die skurrilen Charaktere ohne einen Funken political correctness im Leib haben mir schon des Öfteren großes Lesevergnügen bereitet.

"Hart auf hart" war nun meine erste Boyle-Übersetzung und vielleicht ist es auch dieser Tatsache geschuldet, dass ich streckenweise immer wieder ins Scannen, ins Querlesen verfiel.

Nachdem sie so vielversprechend begonnen hatte, plätscherte die Geschichte bald nur noch vor sich hin, Plot und Charaktere blieben großteils repetitiv und zeigten keine wirkliche Entwicklung, allein die Perspektive wechselte von Sten zu Sara zu Adam alias Colter.

Alle drei Hauptakteure lehnen sich auf ihre Art gegen das System auf: Sten, ein pensionierter Schuldirektor und Vietnam-Veteran der Marines, tötet auf einer Kreuzfahrt in Costa Rica instinktiv mit bloßen Händen einen Banditen, der seine Reisegruppe bedroht, und wird damit unfreiwillig zum Helden.

Sein Sohn Adam, der seit seiner Kindheit Schwierigkeiten macht und mehr Zeit bei Psychotherapeuten als in der Schule verbracht hat, eifert indessen seinem Idol Colter, einem Waldläufer im Kampf gegen die Indianer, nach und verteidigt seine geheime Schlafmohnplantage in den kalifornischen Wäldern mit Waffengewalt gegen imaginäre Feinde, sogenannte Aliens.

Sara, eine freiberufliche Hufschmiedin und Aushilfslehrerin, hält nicht enden wollende Brandreden gegen die Zwänge des seine Bürger ausbeutenden Staates und gerät wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt. Bei einer ihrer Protest-Aktionen – sie entführt ihren Hund Kutya aus der staatlichen Quarantäne, nachdem er eine Polizistin gebissen hat – wird sie von Adam unterstützt und beginnt daraufhin eine für beide Seiten destruktive Affäre mit ihm.

"Hart auf hart" handelt von Einzelgängern, die Mitmenschen instrumentalisieren und über sprichwörtliche und reelle Leichen gehen, um ihre Ziele zu erreichen. Die Protagonisten entstammen allesamt nicht dem klassischen "White-Trash"-Milieu, dafür agieren sie zu bildungsnahe und das wäre auch zu platt.

Ich vermute, dass Boyle mit seinem Buch aufrütteln will, darauf hinweisen, dass wie auch immer gearteter Rassismus – gegen Mexikaner, gegen die Exekutive, gegen Bürgerwehren – in den USA an die Tagesordnung gekommen ist und vor keiner Schicht Halt macht.

Nichtsdestotrotz hatte ich das Gefühl, mit "Hart auf hart" an der Oberfläche eines Eisbergs zu kratzen, mehr Tiefe hätte mir hier gut gefallen.
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