Rezension
awogflivor 11 Jahren
Manche Leser meinen, dies sei der schlechteste Boyle, das finde ich gar nicht, dennoch läßt mich dieses Buch zwiegespalten zurück. Ganz T.C.-untypisch wirft der Autor den Leser sofort direkt in die Geschichte, bereits auf der ersten Seite passiert wesentliches, und das Tempo der Story reisst bis zum Schuss nicht ab. Das ist nicht das typische episch breite Herumgelabere des Autors, und dieser neue Stil hat mich außerordentlich begeistert. Auch das Thema des Romans - Identitätsdiebstahl - ist brandaktuell und kann uns alle treffen, vor allem die Bürger der USA, da nicht mal ein zentrales Melderegister existiert und mit Kreditkarten sehr sorglos ungegangen wird. Gerade weil ein derartiges Verbrechen jedem passieren kann, ist mir völlig unverständlich, warum Boyle als Opfer und Hauptfigur ausgerechnet eine Gehörlose gewählt hat. Eine typisch Benachteiligte - ein sogenanntes Doppelopfer, mit dem sich Otto Normalverbraucher nicht identifizieren kann. Die Geschichte geht in atemberaubenden Tempo weiter, als das Opfer mangels Engagements der Polizei beschliesst, den Täter auf eigene Faust aufzuspüren. Sowohl die Seelenwelt der Jäger als auch die der Gejagten werden ausgezeichnet erforscht, wobei die Rollen mehrmals wechseln. Das Ende hat mich leider gar nicht befriedigt, aber das ist ein sehr persönlicher Standpunkt. Ich wollte mehr Gerechtigkeit - oder Rache? ;-) Fazit: Sicher nicht der schlechteste Boyle aber untypisch. Sehr schwungvolle spannende Geschichte mit ein paar etwas zu effektheischenden dramatischen Elementen in Plot und Figurenaufbau.