Cover des Buches Die Früchte der Wut (ISBN: 9783833350931)
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Rezension zu Die Früchte der Wut von Tahar Ben Jelloun

Ein interessantes Thema ungünstig und daher leider recht langweilig dargestellt

von LaLecture vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Interessantes Thema, das jedoch unter dem chronologischen "Runterrattern" von Ereignissen, deren Zusammenhang nicht klar werden, leidet

Rezension

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LaLecturevor 10 Jahren
Hinweis
Diese Rezension bezieht sich auf die französiche Ausgabe

Inhalt


Die Protagonistin Nadia wächst als Kind algerischer Eltern in Paris auf und berichtet anhand von eigenen Erfahrungen und Beispielen als der Familie und dem Bekanntenkreis von den Schwierigkeiten, die das Leben als Immigrant beziehungsweise Kind von Immigranten im Frankreich des späten 20. Jahrhunderts bietet. Themen sind unter anderem Diskriminierung, die Rolle der Frau, Glaube und Traditionen.



Meinung


Die ersten Seiten des Buches konnten mich noch packen, denn sie schildern eine unglaubliche und erschreckende Szene aus Nadias Leben, über die man sich aufregt und die einen sofort Mitleid für die Hauptfigur empfinden lässt und einen neugierig macht, wie es mit ihrem Leben weitergehen wird. Man erwartet einen Roman über das Leben einer algerischen Familie in Frankreich, den Spagat zwischen der eigenen Kultur und der französischen, die Probleme, die insbesondere die Töchter der Familie mit den alten Traditionen haben, und den Kampf der Hauptfigur um Respekt und Anerkennung.

Stattdessen fehlt es dem Buch leider an etwas, das man als Handlung bezeichnen könnte, ein roter Faden ist ebenfalls nicht zu finden. Der Text besteht bestenfalls aus chronologischem Runterrattern aller möglicher Erlebnisse, die in irgendeiner Weise mit Nadia und dem Leben algerischer Familien in Frankreich zu tun haben, jedoch in keinster weiß mit einander zusammenzuhängen scheinen. Zudem wird selten eine wirkliche Handlung geschildert sondern oft euer Zustände beschrieben, was häufig noch von langatmigen (und für mich als Französischschülerin im 5. Lernjahr auch schwer zu verstehenden) Reflexionen der Erzählerin unterbrochen wird. Es wird kein bisschen Spannung aufgebaut, es gibt keine erkennbare Einleitung, Hauptteil oder Schluss und das Buch endet (nach weiteren unverständlichen Monologen der Erzählerin) praktisch mitten in der Geschichte.

Dieser anstrengende Erzählstil hat zur Folge, dass abgesehen von Nadia keine einzige Figur oft genug vorkommt, dass der Leser sich ein Bild von ihr machen könnte, sodass die Personen alle blass bleiben und man mit keiner so richtig mitfühlen kann.
Nadia selbst wurde mir gegen Ende immer unverständlicher, da sie die meiste Zeit so tough wirkt und ihr Ziel klar vor Augen hat und dann plötzlich gegen Ende einbricht und in Selbstmitleid und Überlegungen darüber versinkt, dass Kinder von Immigranten ja ohnehin nie eine Chance auf ein gutes Leben in Frankreich haben werden.

Beeindruckt haben mich lediglich die klaren und erschreckenden Szenen aus dem harten Leben von Immigranten und den nachfolgenden Generationen, seien es Diskrimierung durch den korrupten Bürgermeister, kleine Jungen, die von klein auf lernen, dass sie nie eine Chance haben werden, und daher die Notwendigkeit sehen zu stehlen, oder Väter, die ihre Töchter als ihr Eigentum betrachten. Alles das sind die oben erwähnten interessanten Themen, über die ich gern mehr erfahren hätte, doch durch den kurzen, episodenhaften Schreibstil werden sie alle nur angerissen. Problematisch finde ich hier auch die Widersprüchlichkeit der Protagonistin, die sich zeigt, da sie sich zwar beschwert, dass in den Medien immer nur die kriminellen Immigranten dargestellt werden und nie die, die sich gut integriert haben, selbst aber nur über solche Härtefälle schreibt.


Fazit

"Les raisins de la galère" behandelt das durchaus interessante Thema des schwierigen Lebens von Immigranten, ist aber leider als bloße Zusammenstückelung einzelner Episoden ohne roten Faden und ohne großartige Darstellung von Figuren sehr anstrengend zu lesen, weshalb ich nur 2 Sterne vergeben kann.



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