Ein ehemals erfolgreicher Chirurg stirbt frühmorgens im Garten seines Hauses in seiner Heimat Ghana. Dorthin ist er nach einem dramatischen Karriereknick als Arzt in den USA zurückgekehrt und hat dafür seine Frau Fola, eine gebürtige Nigerianerin und seine vier Kinder verlassen.
Sein Sterben wird - stilistisch sehr gelungen - für Erinnerungen an seine Kinder und an seine Frau genutzt, alleine diese Schilderungen lohnen die Lektüre. Dies nimmt den langen ersten Teil des Buches ein, der zweite Teil handelt dann von den Kindern, die sich in Amerika treffen um gemeinsam zur Beerdigung ihres Vaters zu reisen. In diesem Teil wird auch das aktuelle Leben der Kinder erläutert - alles in wechselnden Perspektiven und in einem weiterhin eher assoziativen Stil.
Im letzten Teil trifft sich dann die gesamte Familie in Ghana, wo die Mutter der Kinder kürzlich hingezogen ist. In diesem Teil ist die Erzählweise etwas chronologischer und trotz des Trauerfalls gibt es schöne und positive Szenen und Beschreibungen.
In Afrika werden die Wurzeln der Familie aber auch die Gründe für die seltsame, gefühlte Heimatlosigkeit der Familie sichtbar. Und indem Geheimnisse und Wurzeln sichtbar und Thema werden, können die einzelnen Familienmitglieder ihre Situation verstehen und akzeptieren und versuchen, ihr Leben aufzubauen.
Es gibt einiges im Hintergrund, das nie richtig angesprochen wurde: Die Flucht er Eltern aus politischen Gründen (Mutter), aus der Armut (Vater) und der Versuch, in Amerika ein klassisches Familienidyll zu gestalten. Dafür wird erfolgreich studiert, viel gearbeitet, an der Karriere als Chirurg gebastelt, die Kinder werden auf gute Schulen geschickt, irgendwann ist auch genügend Geld da für ein eigenes schönes Haus in einer guten Gegend. Aber es ist alles ein Bild, an dem gearbeitet wird, die Basis fehlt - denn bei der ersten größeren Erschütterung (der Vater verliert aufgrund eines Kunstfehlers seine Stelle) zerfällt die Familie und wird auseinandergerissen. Der älteste Sohn darf weiter auf seine teure Schule gehen, das jüngste Kind ist noch klein und darf Zuhause bleiben - nur für die beiden mittleren Kinder, Zwillinge, ist kein Geld und kein Platz, sie werden zurück nach Afrika zu Verwandten geschickt und kommen traumatisiert zurück.
Alle Kinder versuchen, den Weg der Eltern zu vervollständigen, alle sind begabt, erfolgreich im Studium und im Beruf - und doch seltsam verloren. Erst in Ghana lernen sie mehr über sich und ihre Familie.
Dieses Buch zeigt, wie es Menschen geht, die aus verschiedenen Gründen ihre Heimat verlassen und wie dies sich auf die nächsten Generationen auswirkt. Es wird deutlich, dass die Geschichte und die Wurzeln einer Familie wichtig sind - und dass Familiengeheimnisse geklärt werden müssen. Und, dass es nicht möglich ist Wurzeln und Herkunft einfach hinter sich zu lassen.
Weltweit leben und lebten immer Menschen im "Exil" - lediglich bei Deutschen ist dies in den letzten Jahrzehnten eher selten so gewesen, daher ist uns Deutschen dieses Thema recht fremd - unser Umgang mit dem "Fremden" daher unsicher.
Dieses Buch zeigt die Problematik aber auch die Möglichkeiten der Emigration.
Für mich war sehr interessant, dass im Buch das Kernproblem Afrikas so definiert wurde, dass dort die Väter die Familien verlassen - und auch hier verlässt der Vater die Familie - und sein Sohn wird am Ende des Buches sagen, dass er es besser machen will. Die Familie wird von den Frauen zusammengehalten - soweit es eben geht, wie auch hier in dieser Geschichte Eine durchaus weltweit zu beobachtende Realität.