Cover des Buches Stella (ISBN: 9783446259935)
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Rezension zu Stella von Takis Würger

Empathie kam nicht auf

von Stephan59 vor 5 Jahren

Kurzmeinung: Empathie kam nicht auf

Rezension

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Stephan59vor 5 Jahren

Viel ist über dieses Buch geredet, in den Feuilletons geschrieben worden, auch über das Vorgehen des Verlags, daraus unbedingt einen Bestseller zu machen. Daran will ich mich nicht beteiligen, sondern nur darüber etwas schreiben, wie der Roman auf mich gewirkt, was ich dabei gedacht und empfunden habe. Ich bin mit den Hauptfiguren zu keinem Zeitpunkt wirklich warm geworden. Ist es Würgers Schreibstil oder seine bewusste Vermeidung von Emotionalität? Stella, die ja explizit die historische Figur der Stella Goldschlag verkörpert, wie Fritz, ihr Schweizer Geliebter, kommen mir nicht nah. Die unvorstellbaren Leiden der jüdischen Bevölkerung, ihre Verfolgung bis zur Ausrottung, Stellas eigens Handeln, um ihre Eltern vor dem Tod zu retten, wie ihr individuelles Scheitern, werden in der Figur der Stella nicht sichtbar. Der SS-Nazi Tristan, die weiteren Akteure, Claqueure und Nazi-Chargen bis hin zu den Soldaten der SS-Panzerdivision Wiking, ich habe das Buch gern gelesen, so ist es nicht, aber all diese Personen bleiben Staffage, seltsam hohl, Theaterdekoration.

Die jedem Kapitel mit einem der Nazi-Gebote des Josef Goebbels vorangestellten, geschichtlichen Ereignisse, die aus einer Fülle der Kriegstage und Monate zusammengestellt und ausgewählt sind, geben zumindest einen gewissen historisch greifbaren Rahmen ab. Aber die Zitate aus den Gerichtsakten, die Stellas Tätigkeit als „Greifer“ deutlich machen, sie stehen seltsam leer und unverbunden im Raum.

Selbst der Bombenterror der alliierten Luftangriffe auf Berliner Wohnviertel löst in der literarischen Verarbeitung bei mir keinen doch zu erwartenden Schock aus.

Ein Verdienst Würgers ist es, Stella Goldschlag und damit Not und Elend der Juden unter der Nazi-Verfolgung im Berlin der 30er und 40er Jahre erneut ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt zu haben.

Ich finde, der Autor hat hier aber eine große Chance vertan und bei dem ausgesprochen heiklen Thema, der literarischen Darstellung einer Originalgestalt der Zeitgeschichte, die als verfolgte Jüdin in Berlin andere Juden den Nazi-Schergen auslieferte, versagt.

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