„Wie wir mit Böden und Flächen umgehen, ist die Überlebensfrage des 21. Jahrhunderts“ (S. 7) - denn unsere Böden sind begrenzt, doch sie werden gleich mehrfach beansprucht: auf ihnen wird gewohnt, Geld verdient, werden Nahrungsmittel und Energie hergestellt. Und so wird es auf unserem Boden immer enger, das wertvolle Gut immer knapper, und die Konflikte um sie immer aggressiver – und noch dringlicher, sie zu lösen.
Die Autorinnen Tanja Busse und Christiane Grefe haben ein sehr differenziertes und informatives Buch darüber geschrieben. Es handelt sich dabei um einen reinen Fließtext. Als Fan von Diagrammen, Tabellen und Fotos fand ich das gewöhnungsbedürftig. Die eine oder andere Aussage hätte wahrscheinlich noch eindrücklicher aufgezeigt und übersichtlicher dargestellt werden können. Allerdings wurde mir mit der Zeit auch klar, warum dieses rein textliche Format gewählt wurde: Die Autorinnen zeigen Argumentationen der verschiedensten Konfliktparteien auf, und versuchen dies aus möglichst neutraler (das gelingt natürlich nicht immer) und subjektiver Position heraus. Wahrscheinlich hätten Bilder von diesem Anspruch eher abgelenkt.
Während in der ersten Hälfte vor allem der Status Quo untersucht wird (wer stellt welche Ansprüche warum und wozu?), kommt irgendwann die Politik ins Spiel: was sie tut, was sie versäumt und welchen Handlungsspielraum sie hat. Hier wurde es für mich richtig spannend, weiß ich doch prinzipiell um die Spannungsfelder, doch wenig über die politischen Hintergründe. Neu war für mich z.B. ein Punkt, indem die Autorinnen zur Abwechslung mal sehr deutlich werden: der beschleunigte Ausbau der grünen (!) Energie ist eine große Gefahr für den Naturschutz, konkret für die Biodiversität und den Artenschutz!
Gleichzeitig wird auch klar, dass es durchaus politische Instrumente gibt, um einige der größten Flächenkonflikte zu entschärfen. Neben diesen zeigen die Autorinnen weitere Möglichkeiten für eine Bodenwende auf und sie wagen sogar, eine Utopie zu entwerfen, welche die menschlichen Ansprüche auf Essen und Wohnen, aber auch die Ansprüche der Natur berücksichtigt. Boden gut, alles gut, könnte man sagen, denn tatsächlich wird der Boden nicht umsonst auch „Grund“ genannt. "Ohne den Boden gibt es also weder für ihn noch für eine der anderen Krisen eine Lösung. Besser: Lösungen, denn diese sind so vielfältig wie die Böden, Kulturen und Zivilisationen, die aus ihnen entwachsen.“ (S. 223)
Ein Buch, das definitiv meinen Blickwinkel geweitet hat und trotz der deprimierend „konfliktreichen“ Anfangskapitel Hoffnung verbreitet, dass es zu schaffen ist. Durchwegs flüssig geschrieben, nachvollziehbar erklärt, gründlich recherchiert und deshalb sehr empfehlenswert!