Ich bin kein großer Fan von Geschichtensammlungen. Nur bei der SF mache ich hier regelmäßig eine Ausnahme, gerade weil mir hier die kurzen Erzählungen oft als Anregung zu eigenen Gedanken oder gar zu Diskussionen mit anderen einen Anstoß geben können. Sei es, dass es sich um Reflektionen auf unser gegenwärtiges Gesellschaftssystem geht, die zeigen, was passiert, wenn wir gerade eingeschlagene Wege, Entwicklungen und Denkmuster nicht ändern aber auch Probleme fremder Welten, die im Grunde unsere eigenen realten Unzulänglichkeiten wider spiegeln. Und manchmal ist es einfach nur, um sich daran zu freuen, dass die Gegenwart besser ist, als jede Zukunft wohl sein wird.
Getreilt durch Null besticht durch sehr unterschiedliche Storys. Sowohl der Plottaufbau, die Themen, die Erzählweise, ja sogar die Sprache sind sehr unterschiedlich. Dies liegt u.a. auch daran, dass die Geschichten zu sehr unterschiedlichen Lebenszeiten des Autros geschrieben wurden und man durchaus eine Entwicklung feststellen kann, wobei die älteren Werke deshalb nicht schlechter oder unausgegorener sind, vielleicht etwas weniger verkopft und mit weniger technischen Details.
Wie immer bei solchen Geschichtensammlungen haben mir manche sehr gut gefallen, zwei habe ich nur überflogen und einige waren okay. Fast alle waren aber von der Idee her wirklich sehr facettenreich und unterhaltsam, so dass ich gerne 4 gute Sterne für dieses Buch vergebe. Für SF-Fans auf jeden Fall empfehlenswert.
Lebenslauf von Ted Chiang
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Ted Chiang
Die große Stille
Das wahre Wesen der Dinge
Geteilt durch Null
Stories of Your Life And Others
Stories of Your Life and Others (English Edition)
Exhalation: Stories (English Edition)
Stories of Your Life and Others
Exhalation
Neue Rezensionen zu Ted Chiang
Zu Ted Chiangs Werken kann ich selten einen persönlichen Zugang finden. Seine Geschichten sind nüchtern, wissenschaftlich. Es fehlt den Charakteren an Fallhöhe und emotionaler Bindung oder Angst vor Verlusten. Keine einzige Person war mir nur im Entferntesten wichtig, nicht einmal Dr. Louise Banks, die die Protagonistin der wohl berühmtesten Kurzgeschichte Chiangs ist: „Geschichte deines Lebens“. Den Film empfinde ich als großartiges Science-Fiction Kino und im Vergleich zum Originalmaterial bin ich froh, dass Regisseur Denis Villeneuve gravierende Veränderungen und Ergänzungen umsetzte und Eric Heisserer ein außerordentlich starkes Drehbuch lieferte. Denn der Film zeigt, was aus dem hoch interessanten Stoff Chiangs werden könnte, wenn der Draht zu den Figuren da wäre.
Leider habe ich manche Geschichten dieser Sammlung nur überflogen, die wissenschaftlichen Fakten, für die ich ansonsten sehr offen bin, wurden mir selbst nach mehrmaligem Lesen nicht klar und die Geschichten ließen mich allesamt kalt. Sehr schade, da ich Lob von vielen Seiten hörte und voller Vorfreude an die Bücher heranging.
Rezension zu "Die große Stille" von Ted Chiang
In „Die große Stille“ sind neun Erzählungen des US-amerikanischen Science-Fiction Autors aus zwei Jahrzehnten seines Gesamtwerks enthalten. Eine Gemeinsamkeit zwischen den Geschichten besteht auf den ersten Blick nicht, einzig und allein Chiangs feines Gespür für Physik, Technologie, Philosophie und futuristische Erfindungen bilden das Fundament des Sammelbandes.
Der Großteil der Geschichten ist für mich persönlich zu anspruchsvoll. Hinter jeder Handlung steckt höchstwahrscheinlich viel Recherche, die mittels wissenschaftlicher Erklärungsweise dem Leser veranschaulicht wird. Damit habe ich kein Problem, doch verstrickt sich Chiang in zu viele Beschreibungen, sodass ein Spannungsbogen stets flachfällt. Es mangelt nicht an der innovativen Prämisse, aber an der zündenden Idee, die die Handlung vorantreibt und mich vor allem mit hineinzieht, mir die Figuren näherbringt.
Der Sammelband beginnt mit einer der besten Geschichten: „Der Kaufmann am Portal des Alchimisten“, in welchem das Konzept Zeitreisen so realistisch wie möglich dargestellt wird. Eine Story, die mich von Anfang bis Ende fasziniert hat. Viele der Geschichten überstiegen dann wiederum das menschliche Verständnis von Unendlichkeit und den Möglichkeiten der Zukunft. Mehr als einmal fragte ich mich „Was passiert da eigentlich jetzt?“ und selbst nach mehrmaligem Lesen habe ich keinen Anschluss erreichen können, dann war mir die Geschichte und die Charaktere egal.
Ted Chiang muss man letztendlich zugutehalten, dass er es schafft, mit den Ideen seiner Geschichten den Leser zum tiefen Nachdenken und Grübeln zu bringen: „Sind alle meine Erinnerungen vollständig wahr?“, „Würde ich etwas in meinem Leben ändern, wenn ich könnte?“, „Sollte ich mein Verständnis von Schuld überdenken?“ Auf jeden Fall sprudeln die Geschichten dieses Autors vor Kreativität, dennoch fehlt der notwendige Kick, das bisschen Adrenalin.