Das neue Werk des nigerianisch-amerikanischen Autors Teju Cole ähnelt eher einer Vorlesung in Kunstgeschichte, als einem Roman. In Rückblenden und assoziativen Gedankensprüngen reflektiert sein Protagonist, der aus Lagos stammende Fotografie-Professor Tunde, über Kolonialismus, Rassismus und Klassenunterschiede, meist anhand von Kunstgegenständen, Fotografien oder Musik. Eine Beziehungskrise mit seiner Frau Sadako ist zwar auch Thema, tritt aber eher in den Hintergrund. Anhand plakativer Beispiele öffnet er den Leserinnen und Lesern die Augen angesichts der „westlichen Überheblichkeit“ und der daraus resultierenden Ungerechtigkeiten.
Wer gerne neue Perspektiven einnimmt und sich für Kunst interessiert, findet in diesem Roman viele interessante Passagen. Wer eine spannungsreiche Handlung sucht oder vorwiegend in „Wohlfühlromane“ eintaucht, ist hiermit eher falsch beraten.
Teju Cole
Lebenslauf
Neue Bücher
Jeder Tag gehört dem Dieb
Fremder im Dorf / Schwarzer Körper
Alle Bücher von Teju Cole
Tremor
Open City
Jeder Tag gehört dem Dieb
Open City
Jeder Tag gehört dem Dieb
Vertraute Dinge, fremde Dinge
Black Paper
Blinder Fleck
Videos
Neue Rezensionen zu Teju Cole
Eigentlich bin ich für Ungewöhnliches, Innovatives fast immer zu haben, auch Literatur abseits ausgetretener Pfade interessiert mich durchaus. Aber in seinem jüngsten Roman zeigt Teju Cole, seines Zeichens nicht nur Fotograf und Kurator, sondern auch Professor für Kreatives Schreiben in Harvard, für meinen Geschmack dann doch etwas zu viel Kreativität:
Protagonist Tunde ist - wie auch Cole selbst - mit 17 Jahren aus Nigeria in die U.S.A. ausgewandert. Nun, mit Mitte Vierzig, ist er verheiratet, erfolgreicher Fotograf und Akademiker, aber nicht wirklich angekommen. So weit, so gut. Allerdings verlässt Cole recht schnell die klassische Romanstruktur, und "Tremor" zeigt sich vor allem als rasende Abfolge innerer Monologe des Protagonisten. Die rapide wechselnden essayistischen Fragmente zu sortieren und einzuordnen hat mich oft ermüdet und manchmal überfordert.
Auch inhaltlich verlangt Cole seiner Leserschaft viel ab. Er verhandelt schöngeistige Musiktheorien (denen ich nur bedingt folgen konnte), sinniert über verschiedene Interpretationen eines bestimmten Mandinke-Liedes oder setzt an anderer Stelle voraus, man wisse, was mit "C. elegans" gemeint sei. (Es handelt sich um einen Fadenwurm, der in der Biologie als Modellorganismus erforscht wird.) Anfangs habe ich noch hochmotiviert alles mir Unbekannte recherchiert, doch schnell haben mir die intellektuellen "Höhenflüge" die Lektüre verleidet. Ich fürchte, dass dieser Roman sich aufgrund seiner Form nur an hochgebildete Leser*innen richtet. Dies ist mehr als schade, zumal einigen Botschaften definitiv mehr Augenmerk zukommen sollte: Der immer noch von postkolonialem Überlegenheitsgefühl geprägte Diskurs über Restitution von Raubkunst oder verschiedene Facetten des Rassismus, die selbst das Töten betreffen. Interessant - wenngleich ein wiederkehrendes Motiv Coles - ist auch die Fragestellung, in wieweit Fotografie, ohne aktive Erlaubnis einzuholen, in das Leben anderer Menschen eindringen darf.
Besonders erwähnen möchte ich ein Kapitel, das aus einer Aneinanderreihung kurzer, individueller Monologe verschiedener Einwohner Lagos´ besteht. Es zeichnet ein äußerst brutales, von Korruption und Gewalt geprägtes Bild der Lagunenmetropole, jedoch ohne erkennbare Einordnung durch den Autor. Wer Nigeria kennt, wird kaum überrascht sein, der Rest der Leser*innen wird ohne Hintergründe wohl schwerlich etwas mit diesen Momentaufnahmen anfangen können.
Fazit: Thematisch überfrachtet und strukturell für mich leider zu experimentell.
Meine Meinung:
Teju Cole hat durchaus eine stabile Fangemeinde, die den Stil und die bestechende Intelligenz des Autors mehr als zu schätzen wissen. Als ich neulich einen Artikel über den Autor und seinen neuen Roman "Tremor" gelesen habe, war ich sehr sehr gespannt und musste zu eben jedem Buch greifen.
Dabei ist das Cover wirklich sehr gelungen und dem Leser wird nicht sofort klar, was er da auf dem Cover vor Augen hat. Und gerade dieser verdrehte Perspektive oder Art des Denkens und Sehens, lassen sich auch im Roman Tremor finden.
Dennoch muss ich sagen, dass ich trotz der Intelligenz und dem außergewöhnlichen, aber eben auch mehr als fordernden Schreibstil des Autors mit dieser Geschichte nicht warm wurde und es immer eine gewisse Distanz zwischen Erzähltem, den Charakteren und mir als Leserin gab, weshalb ich zwar das Können des Schriftstellers und dessen unheimliche Geisteskraft nahtlos anerkenne, diese aber eben trotzdem auch eine gewisse Distanz schaffte, die mir nicht unbedingt lag
Gespräche aus der Community
Zusätzliche Informationen
Teju Cole wurde am 27. Juni 1975 in Vereinigte Staaten von Amerika geboren.
Community-Statistik
in 136 Bibliotheken
auf 23 Merkzettel
von 3 Leser*innen aktuell gelesen
von 1 Leser*innen gefolgt