Cover des Buches Das sprechende Kreuz (ISBN: 9783956690402)
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Rezension zu Das sprechende Kreuz von Tereza Vanek

Das sprechende Kreuz

von tinstamp vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Eine spannende Geschichte, gleich einem Abenteuerroman mit geschichtlichem Hintergrund, der vom Unabhängigkeitskampf der Indios erzählt

Rezension

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tinstampvor 8 Jahren
Im Mittelpunkt steht die österreichische Auswandererfamilie Schneider, die sich im 19. Jahrhundert in Valladolid eine neue Existenz aufbauen will. Der Vater der beiden Töchter, Johanna und Kornelia, hat nach dem Tod seiner Frau eine Mexikanerin geheiratetet, die ein kleines Feinkostgeschäft mit in die Ehe bringt. Während der Vater seine Töchter damit versorgt glaubt, widmet er sich der Malerei und seine Frau dem Müßiggang. So führen die beiden Töchter das Geschäft, das sich auf europäische Erzeugnisse spezialisiert hat. Vorallem Johanna ist eine sehr tüchtige Geschäftsfrau, während Kornelia mehr durch ihre blonden Locken und ihre Schönheit auffällt und sich nach ihrer alten Heimat Österreich und den Bergen sehnt. Doch Johanna ist es, die Aufregung in die Familie bringt, als sie sich in Carlos Mendez verliebt, Sohn einer der reichsten Plantagenbesitzer der Stadt. Gegend den Widerstand des Vaters von Carlos wollen die beiden Verliebten heiraten. Doch dann offenbart ihm sein Vater ein furchtbares Geheimnis, das Carlos fassungslos zurücklässt und woraufhin er seine Familie und Johanna verlässt. Er flüchtet Hals über Kopf in den Dschungel. Er rechnet jedoch nicht mit seiner sturen Verlobten, die ihm mit Hilfe von Maruch, dem Indio-Dienstmädchen des Hauses, folgt. Doch bald darauf werden sie von aufständischen Indios, den Cruzobs, gefangen genommen und geraten zwischen die Fronten der beiden Parteien...

Tereza Vanek hat sich in diesem Roman mit dem Unabhängigkeitskrieg der Maya's im 19. Jahrhundert befasst. Grundthema neben den Kämpfen ist vorallem das damalige Kastendenken der mexikanischen Bevölkerung. Wie in den USA die Indianer nach und nach von den europäischen Siedlern vertrieben wurden, so wird auch der Lebensraum der Mayas immer weniger. Doch statt sich einheitlich gegen die weißen Einwanderer zu stellen, bekämpfen sie sich auch noch gegenseitig und so ist es nicht verwunderlich, dass sie ein ähnliches Schicksal wie die Indianer ereilt.
Die Verhältnisse zwischen den neu zugewanderten Europäern, der kreolischen Oberschicht und den rechtlosen Indios wird ebenfalls sehr deutlich dargestellt. Hervorgehoben wird auch das Machtverhältnis der reichen Plantagenbesitzer, die sich mit Bestechung auch gegen das Gesetz stellen können, ohne verurteilt zu werden. Besonders die jungen Söhne, wie Miguel Almaviva, glauben sich alles erlauben zu können und schrecken auch vor Mord nicht zurück. Das hat sich ja bis heute leider nicht wirklich geändert....

Die Geschichte führte mich in eine fremde Welt voller Exotik und Aberglauben. Der Großteil des Buches spielt im Dschungel, liest sich wie ein Abenteuerroman und bringt dem Leser die Mayakultur näher. Der Titel bezieht sich auf den Kult des sprechenden Kreuzes, der von den Cruzob praktiziert wurde. Man lernt hier spielerisch mehr über die Geschichte der Indios, die uns Europäern eher unbekannt ist, kennen. Ich war von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt und konnte kaum aufhören zu lesen. Einzige Mankos waren für mich die vielen Fehler - ein neues Lektorrat würde ich empfehlen! - und den für eine europäische Frau eher leichtsinnigen Ausflug in den Dschungel, der ein kleinen hauch von Unglaubwürdigkeit hat. Trotzdem ist die Geschichte äußerst fesselnd und NICHT vorhersehbar, denn die Autorin hat geschickt einige überrachende Wendungen eingebaut, die die Spannung erhöhen.

Charaktere:
Die verschiedenen Charaktere sind sehr lebendig dargestellt. Besonders gefallen hat mir, dass es sowohl gute als auch böse Indios und Kreolen gibt und nicht eine Seite als Bösewicht und die andere als Gutmensch dargestellt wird.
Unsere Hauptprotagonistin Johanna ist eine sehr toughe junge Frau, die sich nicht scheut, auszusprechen, was sie denkt. Damit stößt sie besonders in der damaligen Zeit viele Menschen vor dem Kopf. Trotzdem ist sie aufgeschlossen, interessiert sich für die Menschen in ihrer neuen Heimt und kann kräftig zupacken. Sie gibt nicht so schnell auf und setzt ihren Kopf durch. Kornelia hingegen hat Heimweh nach Österreich, interessiert sich nicht für die neue Heimat und hat eher nur ihr Aussehen im Kopf. Doch sie wandelt sich im Laufe der Geschichte zu einer selbstständigen und verantwortungsbewussten Frau.
Papa Schneider konnte ich überhaupt nicht verstehen. Er widmete sich rein dem Müßiggang und griff weder bei einem Überfall auf seine Töchter, noch als der Laden kurz vor dem Ruin steht, ein. Für mich als Elternteil absolut unvorstellbar! So einen egoistischen und unsympathischen Menschen, der nicht zu den Bösewichten zählt, habe ich noch in keinem Buch kennengelernt.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist packend und lässt sich unheimlich gut lesen. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen, war fasziniert von der fremden Welt und konnte darin versinken. Die historischen Fakten wurden gut recherchiert und mit der fiktiven Geschichte hervorragend verknüpft. Es ist wirklich schade, dass der Lesefluss durch das schlechte Lektorrat geschmälert wurde.

Fazit:
Eine tolle und spannende Geschichte, gleich einem Abenteuerroman mit geschichtlichem Hintergrund, der vom Unabhängigkeitskampf der Indios erzählt. Exotische Plätze, Aberglauben und keine kitschige Liebesgeschichte runden dieses Lesevergnügen ab. Nur die vielen Fehler, die das Lektorrat übersehen hat, haben dieses geschmälert... Wer sich nicht, so wie ich, an den Fehlern stört, erhält eine wunderbare Geschichte voller Spannung und Exotik. Meine Leseempfehlung!
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