Cover des Buches Im Dienst der Gräfin (ISBN: 9783931989811)
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Rezension zu Im Dienst der Gräfin von Tereza Vanek

Im Dienst der "Blutgräfin"

von Sick vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Auch wer noch nie von der Blutgräfin Elisabeth Báthory gehört hat, kann mit diesem historischen Roman viel Freude haben!

Rezension

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Sickvor 9 Jahren

Emilia ist ziemlich unglücklich mit ihrem Leben. Durch eine Seuche hat sie ihre gesamte Familie einschließlich Verlobtem verloren. Seitdem lebt sie bei ihrer Tante und dem Onkel in Augsburg, wo sie die Tage damit verbringt der Magd bei ihren Aufgaben zu helfen. Das Erbe wurde schon lange versoffen und Emilia begräbt langsam aber sicher ihren Traum Gewandschneiderin zu werden. Eines Tages taucht ihr Cousin Kurt auf, der als Hausierer durch Europa zieht. Er hat einige schöne, aber abgenutzte Kleider dabei, die Emilia in den darauffolgenden Tagen wieder herrichtet. Kurt überredet seine Eltern dazu, dass Emilia ihn als seine Gefährtin begleiten soll, weil er sich durch ihren geschickten Umgang mit der Nadel mehr Gewinn erhofft. Emilia ist das zunächst gar nicht recht, aber als sie in Wien zum ersten Mal die reparierten Kleider verkauft, blüht sie regelrecht auf. Zu ihrem Glück kann sie die meisten Stücke an eine junge Adlige namens Ilona Hertz abtreten, die ihrer Herrin sogleich von Emilias Talenten erzählt. So gelangt die junge Deutsche in den Dienst der ungarischen Gräfin Erzsébet Báthory. Schon bald erfährt sie, dass die Gräfin ziemlich grausam mit ihren Bediensteten umspringen soll und auch schon einige Mädchen dabei den Tod gefunden haben. Emilia selbst bekommt zunächst nicht viel davon mit, aber als einige tragische Ereignisse geschehen, beschleicht auch sie der Verdacht, dass es im Hause Báthory nicht mit rechten Dingen zugeht...

"Im Dienst der Gräfin" greift die Legende der "Blutgräfin" Elisabeth Báthory auf, die von 1560 bis 1614 gelebt hat. Die Handlung umfasst etwa die Jahre 1609 bis 1611. Damals war die Gräfin bereits verwitwet und bereitete die Hochzeit ihrer zweiten Tochter Katharina, genannt Kata, vor. Zu diesem Zweck stellt sie Emilia an, die das Brautkleid entwerfen und die Brautjungfern einkleiden soll. In diesem historischen Roman werden also geschichtlich belegte Persönlichkeiten mit rein fiktiven Figuren vermischt. Dabei ist besonders interessant, dass nicht nur der Adel hinreichend dokumentiert wurde, sondern auch einige Hausangestellte der Gräfin tatsächlich so oder so ähnlich in Erscheinung getreten sind. Im Anhang des Buches befindet sich neben einem Glossar eine Zusammenfassung der Ereignisse und Informationen darüber, in welcher Weise sie in die Handlung eingeflossen sind.

Um die "Blutgräfin" ranken sich viele Legenden, aber was sich wirklich in ihrem Haushalt zugetragen hat, weiß man bis heute nicht genau. Tereza Vanek verknüpft in ihrem Roman bereits bekannte Vermutungen zu einer ganz neuen Ansicht, die gleichermaßen spannend und schockierend ist. Vieles bleibt bis zum Schluss geheimnisvoll, sodass man auch als Leser miträtseln kann, was wohl passiert sein mag. Den Großteil der Handlung kann man aus der personalen Sichtweise Emilias erleben, nur manchmal gibt es Einschübe aus anderen Adelshäusern, die mit der Báthory in Verbindung stehen. Die Erzählweise ist sehr anschaulich und fesselnd, sodass ich mich gleich im beginnenden 17. Jahrhundert wiedergefunden habe. Emilia ist eine sympathische Protagonistin, die ihre Ziele hartnäckig verfolgt und dabei doch nie ihre Mitmenschen aus den Augen verliert. Obwohl sie von den anderen Bediensteten nicht gleich anerkannt wird, weil sie Deutsche ist, schafft sie es Freundschaften zu schließen und das Vertrauen der anderen zu gewinnen. Auch das Vertrauen der Gräfin ist ihr schon bald sicher, was der Haus- und Hofsängerin Ilona Hertz so gar nicht recht ist. Mit der Aufseherin Dorottya Szentes und deren Freundin Helena Jó kommt Emilia ebenfalls nicht gut aus, da beide ihre Stellung ausnutzen und die Mädchen für die kleinsten Vergehen schlimm bestrafen. Trotzdem schafft Emilia es recht schnell in der Hierarchie des Hauses aufzusteigen, was ihr einerseits zugute kommt, doch andererseits einige Gefahren birgt.

Doch nicht nur Emilia wird toll umschrieben, auch die anderen Figuren haben sehr gut ausgearbeitete Persönlichkeiten. Man kann nachvollziehen, wieso sie gerade diese Wirkung auf die anderen haben, die sie haben. Dabei sind auch einige Charaktere mehrdimensional angelegt, sodass sie einen ab und zu zu überraschen wissen. Der Großteil der Handlung trägt sich auf Burg Schächtitz, ungarisch Csejte zu, welche in der heutigen Slowakei liegt. Die Umgebung und ihre Bewohner sind sehr schön in die Beschreibungen eingebunden, was die gesamte Erzählung noch ein bisschen lebendiger gemacht hat.

Auch wer noch nie von der Blutgräfin Elisabeth Báthory gehört hat, kann mit diesem historischen Roman viel Freude haben. Ein bisschen Interesse für das Leben der damaligen ungarischen Bevölkerung samt Adel sollte man mitbringen, der Rest kommt beim Lesen von ganz alleine.

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