Brat Farrar ist ein Abenteurer, ziellos lässt er sich durchs Leben treiben. Mal arbeitet er hier, mal dort. Als Waisenjunge aufgewachsen verlässt er schon früh den langweiligen Bürojob, der ihm angeboten wird.
Er fährt zur See und reist nach Amerika, wo er in Texas seine Leidenschaft für Pferde erkennt. Doch ein schwerer Sturz führt dazu, dass Brat nicht mehr als Rancher arbeiten kann und in ihm erwacht das Heimweh nach England.
Dort ändert sich sein Leben radikal. Ein heruntergekommener Schauspieler meint in ihm einen alten Bekannten zu erkennen und macht ihm ein dubioses Angebot. Die wohlhabenden Ashbys verloren vor acht Jahren ihr ältestes Kind. Eine Tragödie, da auch die Eltern kurz zuvor einem tödlichen Unfall zum Opfer gefallen waren. Patrick Ashby nahm sich damals das Leben. Man fand einen Abschiedsbrief und später wurde eine furchtbar entstellte Leiche aus dem Meer gefischt. Da Brat dem toten Erben wie aus dem Gesicht geschnitten ist, soll er dessen Rolle einnehmen.
Es kostet ihn einiges an Überwindung und schließlich ist es nicht das Geld, sondern das Verlangen nach Thrill und Abwechslung, dass ihn zum Hochstapler werden lässt. Brat wird von seinem Komplizen genau eingewiesen, dieser stand der Familie damals offenbar sehr nahe und kannte den jungen Ashby gut.
Die Famile Ashby bereitet sich währenddessen auf ihrem Gut Latchetts nichtsahnend darauf die anstehende Volljährigkeit des ältesten Sohnes, Simon, zu feiern, denn dieser wäre seit dem Tod seines Zwillingsbruders der rechtmäßige Erbe, doch mit dem unerwarteten Auftauchen des Totgeglaubten verkomplizieren sich die Dinge.
Brat ist selbst davon überrascht, wie leicht es ihm gelingt, die gesamte Familie zu überzeugen. Simon ist der Einzige, der ihn zunächst vehement ablehnt. Doch Brat glaubt, dass es nicht nur der Frust über die verlorene Erbschaft ist, der sich dadurch Bahn bricht, langsam schwant ihm nämlich, dass Simon eventuell mehr über das Verschwinden seines Bruders wissen könnte als er zugibt und es entwickelt sich ein psychologischer Kampf zwischen den beiden.
Brat Farrar dreht sich um das in der Kriminalliteratur äußerst beliebte Sujet des Identitätsdiebstahls und liest sich wie eine Mischung aus Der Talentierte Mr. Ripley und Cormac McCarthys All die schönen Pferde.
Brat ist ein Pferdenarr und jemand, der ein angeborenes Talent für den Umgang mit den Tieren hat. Josephine Tey muss wohl selbst eine gute Reiterin gewesen sein, denn Pferdesport und Pferdehaltung nehmen hier einen großen Raum ein, wer allerdings nicht viel davon versteht wird diese Passagen aber wohl langweilig finden.
Es ist kein Whodunit, denn schon schnell entwickelt man als Leser eine Ahnung davon, was damals vor acht Jahren wohl passiert ist und wer für Patricks verschwinden verantwortlich ist. Es bleibt also die Frage nach dem Warum und dem Wie. Gerade letztere wird durch das abrupt hereinbrechende Finale allerdings nur unzureichend beantwortet. Hier wirkt der Roman fast unfertig und präsentiert eine Verlegenheitslösung.
Fazit: Brat Farrar ist weniger ein Kriminalroman als ein psychologisches Drama mit einer recht vorhersehbaren Handlung. Gut erzählt, aber ich finde es gibt unterhaltsamere Büche zu diesem Thema.