Dieses schmale Büchlein hat mich sehr überrascht, und zwar im positiven Sinn. Schon nach wenigen Seiten war ich komplett in die Atmosphäre des Romans eingetaucht, nach den ersten Kapiteln wusste ich: Hier war jemand am Werk, die sich aufs Schreiben versteht.
Thea Mengelers Geschichte spielt auf einer nicht näher bezeichneten Insel. Das Leben dort hat sich sehr verändert, zunächst durch das Aufkommen des Tourismus. Dann aber bleiben die Fähren aus, die sinnbildlich für die stete An- und Abreise der Urlauber*innen stehen. In kurzen, teils sehr kurzen Kapiteln wird abwechselnd aus der Sicht verschiedener Inselbewohnerinnen und -bewohner erzählt. Da gibt es zum Beispiel den Hausmeister, der noch lange hofft, dass die zahlenden Gäste zurückkehren und der deshalb das verlassene Hotel, in dem er angestellt war, so gut wie möglich in Schuss hält. Da ist ferner die Frau des - dement gewordenen - Generals, die sich zutiefst unglücklich in ihrer dienenden Rolle als Gattin den Tod des Ehemannes herbeisehnt.
Mengeler vermag es, mit wenigen Worten eine ganz eigene Stimmung zu erschaffen, manchmal vage und diffus, dann plötzlich umso klarer. Ein wenig so, wie wenn sich die geschlossenen Augen nach einem Nickerchen in der prallen Sonne plötzlich öffnen und man in den ersten Sekunden Mühe hat, in der flirrenden Luft Konturen eindeutig zu erkennen.
Mir wird diese besondere Erzählung über verpasste Gelegenheiten, vergebliches Hoffen, Verlust und Neuanfang lange im Gedächtnis bleiben.