Rezension zu "Die sieben Säulen der Weisheit" von Thomas E. (von Arabien) Lawrence
Das Buch zum Film?! Nein, denn es ist genau umgekehrt. Die Erzählung des Briten Thomas Edward Lawrence, besser bekannt als T.E. Lawrence oder „Lawrence von Arabien“ über seine Mitwirkung während des 1. Weltkriegs am Aufstand arabischer Stämme gegen das Osmanische Reich mit dem Ziel der Unabhängigkeit der arabischen Halbinsel. Neben Kriegschilderungen nehmen über weite Strecken detaillierte Beschreibungen der dort lebenden Nomaden inmitten einer fast menschenfeindlichen Landschaft Raum ein, die ihresgleichen sucht. Angelehnt an ein Bibelzitat aus dem Alten Testament (Sprüche Salomos; Kapitel 9, Vers 1) macht schon alleine der Titel neugierig auf den Inhalt und man wird garantiert nicht enttäuscht. Ohne erhobenen Zeigefinger oder mit dem mitschwingenden Unterton vermeintlicher europäisch-zivilisierter Überlegenheit wird eine Gesellschaftsordnung, werden uns Menschen vorgestellt, die ein anderes Wertesystem, ein anderes Zeitgefühl, eine andere Sicht der Dinge auf die sie umgebende Natur besitzen. Die imposante Kargheit der Natur, die mit ihrer aufgeheizten, flirrenden Luft und der Wasserknappheit für die in ihnen lebenden Menschen unerbittlich ist, fließt immer wieder in die Schilderungen mit ein. Und doch schlägt die Wüste, die dort lebenden Nomaden, den Europäer Lawrence in seinen Bann. Er liebt die grandiose Einfachheit und versucht es seinen Lesern näher zu bringen. Man spürt den Sand zwischen den Zähnen, den heißen Wind, der einen atemlos werden läßt, den Mangel an Wasser und dessen Kostbarkeit, die unerträgliche Hitze des Tages und die Kälte der Nächte, die Einsamkeit und die unendliche Weite. Dennoch ist der Stil von Lawrence keinesfalls reißerisch oder aber schwärmerisch, sondern über weite Strecken nüchtern-sachlich zu nennen.
Natürlich soll jene Szene im Buch nicht verschwiegen werden, die zu den berühmt-berüchtigten Passagen gehört und zwar seine Schilderung, wie ihn der Gouverneur von Hauran, Hadschim Bey, auspeitschen ließ und vergewaltigen wollte, wobei dies in den neueren Forschungen aber aufgrund von Zeit- und Ortsangaben, die Lawrence in seinem Tagebuch machte und die vom Buch abweichen, angezweifelt wird. Die Szene selbst war und ist immer Gegenstand strittiger Meinungen gewesen, die darin eine verklausulierte Homosexualität, gepaart mit einer masochistischen Neigung von Lawrence erkennen wollen.
Abschließend sollte man angesichts der vielfältigen Erzählungen von Lawrence, die er über seine Aktionen während des Aufstandes verfaßte, keineswegs den historischen Hintergrund vergessen, der ihn als Soldat der britischen Armee an diese abgelegenen Plätze führte, nämlich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem Empire und dem mit dem Deutschen Kaiserreich verbündeten Osmanischen Reich während des 1. Weltkrieges. Ein Kampf, der um Einflußsphären sowie um Bodenschätze geführt wurde und dessen politischen Auswirkungen wir noch heute sowohl bei den Grenzziehungen nach 1918 auf der Landkarte sehen, als auch ganz direkt verspüren.
Am Ende sei ein Zitat aus dem Buch angeführt, der die Empfindungen seines Autors dem Leser in knappen, einprägsamen Worten vermittelt: „Wir alle waren überwältigt, wegen der Weite des Landes, des Geschmacks des Windes, des Sonnenlichts und der Hoffnungen, für die wir arbeiteten“.