Cover des Buches Rauchschiffe (ISBN: 9783732332687)
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Rezension zu Rauchschiffe von Thomas Giehl

Colonia Claudia Ara Agrippinensium zur Zeit des Septimius Serverus ...

von Bellis-Perennis vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Ein spannendes Erstlingswerk

Rezension

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Bellis-Perennisvor 9 Jahren
Wir befinden uns zur Zeit des Kaisers Septimius Severus, also rund um 200 n.Chr., in der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (heute Köln). Es ist das Zeitalter der sogenannten „Soldatenkaiser“, die ihren Machtanspruch auf ihre Soldaten gründen. Septimius Severus will mit dieser Tradition wieder brechen und setzt auf seine Söhne Caracalla und Geta als Nachfolger. Caracalla, der Erstgeborene ist bereits Mitregent.

Der Kaiser und seine Truppen sammeln sich am Rhein um sich nach Britannien einzuschiffen. Während Septimius Severus den Feldzug durchführen will, ist Caracalla dagegen und spielt seine Ränkespiele.

Der Autor verspricht einen „altrömischen Actionthriller um Macht und Intrigen“.

Wir lernen drei wichtige Familien kennen, denen eines gemeinsam ist: nämlich Vater/Sohn-Konflikte

• die kaiserliche Familie der Severer
• die Königs-Familie des germanischen Stammes der Sigamber
• die Familie des römischen Adeligen Cassianus

Ist es bei dem Sigambern die unterschiedliche Auffassung wie Germanen mit den Römer Seite an Seite leben könnten, die Vater Siegfried und Sohn Siegbert trennen, so ist der Konflikt in den beiden anderen Familien durch jeweils gleich zwei Söhne um eine Dimension reicher.

Der Anlass des Konflikts Lucius/Gaius/Varius wird mehrmals angedeutet, aber nicht wirklich schlüssig erklärt. Zum Ende des Buches glaubt Lucius als Vater versagt zu haben, warum?
Was genau geschah damals in Napolis?

Das Thema ist spannend. Der Autor füttert den Leser mit vielen historischen Details.
Auf Seite 25 sprechen Lucius und Dictus über einen Offizier Caracallas Reitertruppe. Dictus erklärt Lucius, was die „spatha“ ist – hier unnötig, da beide wissen (müssen), dass es sich um das Langschwert der Reiterei handelt. Für den Leser wäre eine Fußnote oder eine Anmerkung im Glossar hilfreich.

Die Figuren sind bis auf wenige Ausnahmen leider ein wenig flach geraten. Sie haben wenig Ecken und Kanten. Da könnte der Autor noch ein wenig nachbessern. Der griechische Sklave Helios wirkt in seiner Tollpatschigkeit lebendig. Interessant finde ich, dass die Frauengestalten (Valeria, Silura und Ebrunia) besser
gelungen sind.
Dass Ebrunia dem Kaiser die Zukunft vorhersagen soll, ist ein witziger Einfall, der gut in den Kontext der Geschichte passt.

Der Leser spürt das Herzblut des Autors, doch ein professionelles Lektorat hätte erstens die vielen Tippfehler vermeiden und zweitens ein paar Tipps zur Stärkung der Charaktere geben können.
Eigentlich sehr schade, da die Geschichte sonst recht spritzig ist.

Für Leser, die mit Details der (späten) Römischen Geschichte nicht so vertraut sind, wäre ein Glossar mit den wichtigsten Römischen Begriffen wie Pugio, Leuge, Ortsbezeichnungen wie Ulpia Traiana, Rhenus usw. vorteilhaft. Vielleicht genügen auch Fußnoten.
Das Personenverzeichnis fand ich notwendig und gut. Ein Vorwort, mit Angaben zum historischen Kontext könnte dem interessierten Leser helfen, so manche Intrige besser zu verstehen.

Die Namen gebende Erfindung des „Rauchschiffes“ fand ich sehr originell.

Vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung, die einige, der derzeit offenen Fragen beantwortet.

Für die Idee vergebe ich vier Sterne, muss aber für die Ausführung wieder einen abziehen, daher nur *** Sterne.
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