Sehr interessantes Buch, man erfährt viel von Verhandlungen hinter den Kulissen. Durch die Form des Gesprächs ist es lebendig und keine trockene Geschichtsstunde.
Für alle zu empfehlen, die sich für Geschichte und Egon Bahr interessieren!
Thomas Grimm
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Gedächtnislücken
Ich war der letzte Bürger der DDR
Das Politbüro privat
Linke Vaterlandsgesellen
Neue Rezensionen zu Thomas Grimm
Rezension zu "Ich war der letzte Bürger der DDR" von Thomas Grimm
„... dem Karl Liebknecht, dem haben wir‘s geschworen, der Rosa Luxemburg reichen wir die Hand“ „Was man ihnen geschworen hatte und warum man ihnen die Hand reicht, bleibt den meisten Kindern verschlossen.“ (S. 38) Roberto Yáñez wächst als Enkel der Honeckers auf. Sein Großvater, Erich Honecker, liebt den Jungen über alle Maßen, genießt seine Gesellschaft. Als Opa gönnt er Roberto alles, lässt ihm einiges durchgehen. Margot Honecker dagegen mischt sich als Volksbildungsministerin der DDR über den Kopf der Mutter hinweg massiv in Robertos Erziehung ein. Margot Honecker wird nicht müde, ihm ihre Ideale einzutrichtern. Bis weit über die Wende hinaus hält sie ein Stückchen DDR in ihrem kleinen Haus in La Reina am Leben. Erst mit ihrem Tod endet die sozialistische Erziehung von Roberto Yáñez. Roberto Yáñez habe ich im Verlauf seiner Lebensgeschichte unterschiedlich wahrgenommen. Zunächst kam er mir überdurchschnittlich verwöhnt vor. Der im Vergleich zu anderen DDR-Bürgern einfache Zugriff auf gute DDR-Waren oder auf Westprodukte hat seine Einstellung gegenüber der Wertigkeit von Dingen negativ beeinflusst. Auch das Leben unter den Politstars mit mehreren Urlauben pro Jahr, Rundum-Sorglos-Personal und so weiter hat Roberto ganz schön arrogant gemacht. Nachdem die von der Großmutter skizzierte Welt aufhört zu existieren und Oma und Opa plötzlich als Feind angesehen werden, bricht Robertos Welt zusammen, seine Wahrheit gilt nicht mehr. Verstärkt werden die Auswirkungen des Zusammenbruchs der DDR auf den Enkel durch einen Schicksalsschlag, der sich kurz zuvor ereignet und ohnehin schon eine Krise bei den Yáñez‘ ausgelöst hatte. In dieser Phase kam ich ihm näher, hatte irgendwo Mitleid und konnte mich auch selbst in Teilen seiner Gedanken wieder erkennen. Für mich waren in seinem Fall auch die Suchtprobleme und die lange Orientierungslosigkeit nachvollziehbar. Margot Honecker, der in Robertos Lebensgeschichte aufgrund ihres Einflusses viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, wirkt irgendwie aus der Zeit gefallen. Ihre Ideale zur sozialistischen Erziehung in den Bereichen Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung sind starr, als würde sich die Erde nicht weiterdrehen. Evolution in der sozialistischen Erziehung findet nicht statt. „Ich war der letzte Bürger der DDR“ ist ein ansprechendes, recht persönliches Sachbuch, das in meiner Wahrnehmung eine ehrliche, nicht verklärende Sicht einnimmt. Es ist interessant geschrieben, mit zahlreichen Fotos bestückt, lässt durch seinen Sprachstil eigene Kindheitserinnerungen wieder aufleben. Es tauchten Worte wie „Jünglingsschwärmerei“ (S. 48) und „Mundschenk“ (S. 78) auf oder Formulierungen wie „… um die Prinzessin zu freien …“ (S. 82). Die Worte lösten ein Schmunzeln aus, weil ich sie schon ewig nicht mehr gehört oder gelesen hatte. Fazit: Ich empfehle dieses Sachbuch allen, die Mal einen anderen Blick auf die deutsche Geschichte werfen möchten.
Rezension zu "Gedächtnislücken" von Thomas Grimm
Es sind nicht die schlechtesten Geschichtsbücher, die in den vergangenen Jahren von verschiedenen ehemaligen Politikern geschrieben wurden. Man denke an die Erinnerungen Helmut Kohls, und vor allen Dingen an die Bücher von Helmut Schmidt, die nicht nur zurückblicken, sondern sich mit hohem Sachverstand und großer Erfahrung auch immer wieder in die aktuellen Debatten einmischen.
Der Aufbau Verlag hat hier ein Gespräch fortsetzen und dann überarbeiten lassen, das im April 2006 stattfand. Damals saßen der ehemalige Politiker Egon Bahr, als rechte Hand von Willy Brandt schon seit Beginn der
sechziger Jahre ein maßgeblicher Architekt der dann so genannten Ostpolitik der sozialliberalen Regierung ab 1969 und Peter Ensikat, ein in der DDR hoch geachteter und viel gespielter Kabarettautor („Die Distel“) zwei Tage miteinander im Fernsehstudio und erzählten einander ihr Leben. Der Dokumentarfilmer Thomas Grimm hatte damals die Idee.
Egon Bahr und Peter Ensikat haben später ihre Gespräche fortgesetzt und neu aufgezeichnet. Diese Gespräche, bei denen die beiden, wie sie bekennen, erst miteinander warm werden mussten, weil ihr Erfahrungshintergrund so unterschiedlich war, haben hauptsächlich die deutsche Nachkriegsgeschichte zum Thema. Da geht es um den Kalten Krieg, den Mauerbau, den 17. Juni 1953 und die auch von Egon Bahr vertretene langsame Politik des „Wandels durch Annäherung“.
Immer wieder werden die historischen Erinnerungen, Analysen und Einschätzungen aber unterbrochen von interessanten persönlichen Lebenserinnerungen und -erfahrungen der beiden Männer. Da ihnen auch der Humor bei ernsten Themen nicht fehlt, sind diese Gespräche der beiden deutschen Intellektuellen aus West und Ost nicht nur eine unterhaltsame Lektüre, sondern auch lehrreiche und anspruchsvolle Reise durch die deutsche Nachkriegsgeschichte und eignet sich für ältere Leser als bewusste Erinnerung einer selbst erlebten Zeit und für jüngere Leser als wichtige und notwendige Information über ein Land in dem sie geboren sind und leben.
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