Cover des Buches Achtung, Achtung, hier spricht der Weihnachtsmann! (ISBN: 9783570585344)
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Rezension zu Achtung, Achtung, hier spricht der Weihnachtsmann! von Thomas Gsella

Alle Jahre wieder...

von Iudas vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Für Freunde der gepflegten Satire ist Gsellas Sammelsurium zum Weihnachtsfest durchaus eine nette Lesefreude.

Rezension

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Iudasvor 9 Jahren

Wenn zum Vierten Advent dann nicht das Christkind vor der Tür steht, um die Kerzen auszublasen, sondern ein bewaffneter bärtiger Mann mit rotem Mäntelchen, und sich als Weihnachtsmann ausgibt, dann steckt da wahrscheinlich Thomas Gsella dahinter. Der ehemalige Chefredakteur des bekannten Satire-Magazins Titanic hat nun, in Hinblick auf die wenigen verbleibenden Wochen bis zur besinnlichen Zeit, ein kleines Weihnachts-Brevier mit dem Titel »Achtung, Achtung, hier spricht der Weihnachtsmann« (carl’s books) herausgebracht. Darin versammelt sind Gedichte, kleine Anekdoten und Geschichtchen und die eine oder andere Illustration. Wer jetzt aber an die altbekannten Bücher zu Weihnachten denkt, die beschauliche, erquickende Lieder oder herzerweichende Märchen zwischen ihren Buchdeckeln versammeln, wird hier schnell erkennen, daß Gsella seinem Ruf als Satiriker mal wieder gerecht wird. Mit geschultem Auge nimmt er unsere Welt, wie sie auch zur Vorweihnachtszeit brummt und summt, genau unter die Lupe und erzählt amüsante Anekdoten wie aus dem Leben.

In sechs Kapiteln, aufgeschlüsselt für die Adventszeit, Weihnachten und den großen Ausblick auf’s neue Jahr analysiert Gsella mit scharfer Zunge politische und kulturelle Geschehnisse aus diesem turbulenten Jahr und stellt sie in einem amüsanten, oft schreiend komischen Kontrast zur altbekannten Weihnachtsgeschichte. So werden im Weihnachtsgeschenkecheck verschiedene kleine oder große bekannte Sachen getestet. Wie wäre es beispielsweise mit einer der todchicen, hypermodernen und völlig unauffälligen Google Glasses, die einen Geschenkwunsch schneller bestellen, als der Träger den Wunsch überhaupt durch seine Gehirnwindungen schicken konnte? Oder vielleicht ein Bild eines renommierten Malers, sofern man sich auf der Vernissage nicht die Kante gibt und den Künstler im Suff beleidigt – dann gibt’s kein Bild zu Weihnachten.

Aber Gsella deckt auch die Schattenseiten der lieblichen Zeit auf: Oder warum schicken die zahlreichen Christkinder in 31137 Himmelsthür, 49681 Nikolausdorf und 51777 Engelskirchen an hilfesuchende, gutgläubige Kinderlein, die ihren oft bescheidenen Wunschzettel mit besten Absichten ans Christkind schreiben, unpersönliche Vordrucke? Und einen Christkindelmarktführer, der mit Platitüden über Deutschlands angeblich schönste Weihnachtsmärkte nur so um sich wirft, braucht wohl auch keiner. Außer er will statistisch ermitteln, in welcher Häufigkeit rhetorische Floskeln wie »angenehme Atmosphäre« oder »leuchtende Kinderaugen« auftauchen und wie sie miteinander verknüpft werden, damit der sprachliche Einheitsbrei spannend bleibt.

Dieses Buch ist ein amüsantes Werk, das einen immer wieder sich vor Lachen kugeln läßt. Zahlreiche Schwarz-Weiß-Illustration runden die Erzählungen perfekt ab. Besonders die bunten Mischung aus Gedichten, Essays und satirischen Erzählungen sorgen für ein unterhaltsames, wenngleich kurzweiliges Lesevergnügen. Es sind oft Text von hoher politischer Aktualität und die machen »Achtung, Achtung, hier spricht der Weihnachtsmann« zu einem aktuellen Buch, das zum Jahresende noch mal einen satirischen Rückblick auf 2014 werfen will und kritisch das Weihnachtsfest analysiert, um auch dem Leser mehr als einmal den moralischen Spiegel vorzuhalten.

Für Freunde der gepflegten Satire ist Gsellas Sammelsurium (einige der Texte erschienen, oft in leicht veränderter Form schon in der Titanic) zum Weihnachtsfest durchaus eine nette Lesefreude und ein schönes Geschenk zum Nikolaus (auch wenn das Buch wahrscheinlich nur in ganz große Stiefel paßt), es ist kurzweilig, läßt sich leicht, flüssig und mit Genuß lesen.

Ich danke carl’s books (Randomhouse) für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

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