Thomas Hardy

 4 Sterne bei 451 Bewertungen
Autor von Tess, Am grünen Rand der Welt und weiteren Büchern.

Lebenslauf

† 11. Januar 1928 in Dorchester

Alle Bücher von Thomas Hardy

Cover des Buches Tess (ISBN: 9783423144032)

Tess

(110)
Erschienen am 01.05.2015
Cover des Buches Am grünen Rand der Welt (ISBN: 9783423086455)

Am grünen Rand der Welt

(82)
Erschienen am 01.06.2015
Cover des Buches Auf verschlungenen Pfaden (ISBN: 9783423144025)

Auf verschlungenen Pfaden

(19)
Erschienen am 01.05.2015
Cover des Buches Tess von d´Urbervilles (ISBN: 9783730600436)

Tess von d´Urbervilles

(13)
Erschienen am 07.10.2013
Cover des Buches Jude Fawley, der Unbekannte (ISBN: 9783446258280)

Jude Fawley, der Unbekannte

(6)
Erschienen am 19.02.2018
Cover des Buches Tess (ISBN: 9783649647966)

Tess

(6)
Erschienen am 01.03.2024

Neue Rezensionen zu Thomas Hardy

Auf der ewigen Suche nach dem Ideal der Schönheit

„Die Liebe seines Lebens“ ist ein englischer Klassiker aus dem Jahr 1897, der erst jetzt, 128 Jahre später, zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt wurde. Er handelt von einem Künstler, der ein Leben lang seinem Ideal der Frau hinterherläuft.

Jocelyn Pierston ist ein junger aufstrebender Künstler und kehrt für einen kurzen Besuch in seine Heimat zurück. Hier trifft er auf Avice, der er in einem Anflug von überschwänglicher Begeisterung einen Heiratsantrag stellt. Avice, die er seit Kindheitsbeinen kennt, verkörpert für ihn das ästhetische Ideal einer Frau, die durch ihre entsprechende Bildung in ihrer Schönheit noch mehr zum Tragen kommt.

Leider hat Jocelyn aber einen recht unsteten Charakter mit schwankender Stimmung und anstatt Wort zu halten, wendet er sich einer anderen Dame zu, mit der er nach London durchbrennt.

20 Jahre vergehen, Pierston hat sich in London einen Namen als Bildhauer gemacht und nun die 40 Jahre überschritten, als er wieder auf einem Heimatbesuch einer jungen Dame begegnet, die ein Abbild der sitzen gelassenen Braut ist. Bald stellt sich heraus, dass Ann-Avice die Tochter der einst Angebetenen ist und der er wiederum einen Heiratsantrag. Sie erinnert ihn sehr an ihre Mutter und das Ideal der Ästhetik ist auch in der reizenden Tochter zu finden, wenngleich es mit der Bildung hapert. Doch die Zeiten haben sich geändert und die schon recht selbstständige und toughe Avice – Tochter lässt sich auf die Avancen des 40jährigen Pierstons nicht ein.

Wiederum vergehen 20 Jahre und wiederum kehrt Pierston für einen Besuch in seine Heimat zurück. Und wie kann es anders sein, die jüngste Version der Avice-Frauen läuft ihm über den Weg. Weder jeder Vernunft glaubt Pierston auch ihr einen Heiratsantrag machen zu müssen.

Meine persönlichen Leseeindrücke

"Die Liebe seines Lebens", ein Klassiker der englischen Literatur, ist Thomas Hardys letzter Roman. Erstmals 1892 in Form einer dreiteiligen Serie veröffentlicht, wurde der Text überarbeitet und 1897 als Buch neu aufgelegt. Nun ist das Buch auf Deutsch erschienen und ich freue mich sehr, mich wieder einem Klassiker zuwenden zu können.

Hardy erzählt von seinem Helden Jocelyn Pierston, der sich nacheinander (mit 20, mit 40 und mit 60) in Mutter, Tochter und Enkelin verliebt. Ich habe es also mit einem Schwerenöter zu tun, dessen künstlerische Natur ein wenig auf die Schippe genommen wird und mit drei Generationen von Frauen, deren Verhaltensmuster sich von einer devoten, unterwürfigen Rolle in eine selbstbewusstere, forsche und weltoffenere wandelt.

Pierston verkörpert mit seiner Persönlichkeit den musischen männlichen Part. Er ist der Kunst zugewandt und ist beseelt von der beharrlichen Suche nach seiner schwer fassbaren Geliebten: ein Traum und eine fixe Vorstellung der idealen Schönheit. Mit seinem künstlerischen, flatterhaften Temperament sucht er in einer Frau ein Ideal, wie er es als Bildhauer in seinen Werken verkörpert. Am besten wäre eine perfekte Hülle, der nicht passende Inhalt ließe sich im schlimmsten Fall durchaus nach seinen Vorstellungen füllen, so zumindest seine Vorstellung.

An dem landläufigen Aberglauben, dass die Geliebte eines jeden Mannes stets in ein und derselben körperlichen Hülle verbleibt, will er nicht festhalten.

Nun, solche Gedanken von Vorlieben der damaligen Herren aus bessere britische Gesellschaft bringen mich zum Schmunzeln. Für die damalige Zeit mögen sie wohl vorherrschend gewesen sein. Umso beachtlicher finde ich deshalb die Zuneigung, die Thomas Hardy dem weiblichen Geschlecht in diesem Roman eingeräumt hat. Mutter Avice mag noch den damals üblichen Anforderungen einer Tochter aus gutem Haus mit einer devoten, unterwürfigen Rolle entsprochen haben, aber schon mit der Tochter und spätestens mit der Enkelin wandelt die Frauenrolle und entpuppt eine beginnende Selbstständigkeit und Unabhängigkeit vom männlichen Schutz und Vormund. Diese Darbietung einer gesellschaftlichen Revolution ist durch die Frauen in 3 Generationen amüsant und gelungen dargestellt und ich bewundere die fortschrittlichen, ja fast schon modernen Ansätze. 

Zugute halten muss man, dass Pierston nicht um körperliches, fleischliches Begehren in seinen Empfindungen, sondern die Liebe von höchster Reinheit sucht. Dem Bild der idealen Frau läuft er ein Leben lang hinterher. Zuerst hat er es in der Schönheit der Mutter Avice gefunden, dann in der Tochter Ann – Avice und schlussendlich in deren Tochter Avice. Doch was genau diese Schönheit ist, erfahre ich nicht genau. Es hätte mich schon interessiert, welche Proportionen von Gesicht und Körperbau bzw. welche äußerlichen Erscheinungen für ihn das Ideal der Weiblichkeit darstellten. So bleibt es meiner Vorstellung überlassen, mir eine Schönheit in meinem Kopf zurechtzuschneidern, die sicherlich der eines Mannes wenig entsprechen würde.

Fazit

„Die Liebe seines Lebens“ war für mich eine sehr unterhaltsame Lektüre, mit einigen melodramatischen Episoden und schönen Landschaftsbeschreibungen. Die feinen Charakterzeichnungen, der unterschwellige humorvolle und leicht sarkastische Erzählton und die gelungene Darstellung der gesellschaftlichen Veränderungen in Bezug auf die Stellung der Frau machen den letzten Roman des berühmten britischen Schriftstellers Thomas Hardy zu einem amüsanten Leseerlebnis.

Der Künstler und die Liebe

Jocelyn Pierston, ein junger Mann von 20, stammt von einer kleinen Kanal-(Halb-)Insel, wo man hauptsächlich vom Kalksteinabbau lebt. Er hat diese Tradition in gewisser Weise fortgesetzt, als er sich in London als aufstrebender Bildhauer niederlässt. Ein Künstler also, einer, der Schönheitsideale im Sinne antiker Statuen hat und das auch auf seine Vorstellungen von Frauen überträgt. Zudem ist er leicht entflammbar und flatterhaft. Als er zu einem Besuch auf der Insel ist, trifft er seine Jugendfreundin Avice wieder und macht ihr spontan einen Heiratsantrag, verlässt sie dann aber sang- und klanglos wegen einer anderen, die er auch heiraten will, woraus aber letztendlich nichts wird, wie auch aus anderen Liebesbeziehungen, von denen wir aber kaum etwas erfahren, denn wir ‘sehen’ Pierston erst 20 Jahre später wieder, als ‘jungen Mann von 40 Jahren’.

Und immer noch ist er ein egozentrischer, idealistisch denkender Künstler, der jetzt auch noch seine Vorstellungen von Avice (1) auf deren Tochter Ann-Avice (2) überträgt. Sie ist ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten und Pierston  ‘entflammt in heißer Sehnsucht und leidenschaftlicher Liebe' (83). Er hält sich überhaupt nicht für zu alt und würde sie am liebsten gleich heiraten. Dabei hat er durchaus einiges an ihr zu kritisieren, hält sie für ungebildet und will sie nach seinen Vorstellungen erziehen. Ihren individuellen Charakter nimmt er gar nicht wahr und so merkt er nicht, dass Ann-Avice eine Frau ist, die ihm ähnelt und ebenfalls sucht und nicht findet, überraschend für die damalige Zeit.

Natürlich ist auch aus dieser anvisierten Beziehung nichts geworden und die Jahre vergehen. Wir ‘sehen’ Pierston erst 20 Jahre später wieder, als ‘jungen Mann von 60 Jahren’, der wieder einmal seine Heimatinsel besucht und Ann-Avices Tochter kennenlernt. Auch sie trägt diesen Namen, auch sie sieht Avice 1 und 2 ähnlich, auch sie erregt Pierstons Aufmerksamkeit. Dazu kommt, dass die kranke Mutter ihre Tochter versorgt sehen möchte und ihre Heirat mit Pierston unterstützt. Auch auf sie projiziert er seine Vorstellungen von Liebe und Schönheit ohne sie auch nur ein bisschen zu kennen, so dass diese Beziehung zum Scheitern verurteilt ist. Am Ende muss Pierston sich den Gegebenheiten des Alters beugen und den Realitäten ins Auge blicken…

Fazit

Es geht hier um die Irrungen und Wirrungen eines Künstlers, die aber durchaus universell und darüber hinaus zu sehen sind: die Frage, was Liebe ist und wie weit man die oder den anderen ‘erkennen’ kann und muss. Zwar hätte ich gerne mehr über sein Künstlertum gelesen oder mehr darüber, warum die Personen so und nicht anders handeln, aber es geht wohl eher um die Stellung der Frauen und ihre Möglichkeiten, sich zu emanzipieren.

Dass dieses Buch - damals als Fortsetzungsroman konzipiert - sprachlich auf hohem Niveau angesiedelt ist, versteht sich bei Hardy von selbst.

Positiv anzumerken ist auch, dass es vorne eine Karte der Insel gibt, so dass man sich räumlich gut orientieren kann.

Ist Schönheit alles?

Welcher Mann kann schon von sich behaupten, dass er für Großmutter, Mutter und Tochter einer Familie entflammt war. Sogar so, dass er sie jeweils heiraten wollte. Der Protagonist in Thomas Hardys letztem Roman erlebt genau das und interpretierte es als Liebe  -  ich sah das jedoch anders!

Mit diesem Bildhauer Jocely Pierston konnte ich nicht viel anfangen – habe auch schon in jungen Jahren einen großen Bogen um diesen Typ von Mann gemacht. Seine Schwarz-Weiß-Einstellung hat mich sogar genervt und was Liebe bedeutet, hat er in meinen Augen nicht verstanden, sondern er klebte an seinem Idealbild, verteilt auf drei Frauen (und das in drei Generationen) fest. Aber als Vielleserin weiß ich auch, dass ich trennen muss!

Die Schreibweise von Thomas Hardy hat mich jedoch begeistert, besonders manche Wortschöpfungen und Beschreibungen und ich werde mich auch auf die Suche nach weiteren Büchern von ihm machen. Ich bekam ein unterhaltsames Bild von der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und den ersten zwei Jahrzehnten im 20. Jahrhunderts in England: auf die Gesellschaft mit ihren Gepflogenheiten, den Einstellungen und den moralischen Vorstellungen. Als absolut zeitlos empfand ich dagegen die Frage, nach welchen Kriterien die Partnerwahl abläuft (/ablaufen kann).

Sehr hilfreich waren die Anmerkungen mit den geschichtlichen und literarischen Hintergründen + dem Nachwort mit der Lebensgeschichte des Autors (2.6.1840 – 11.1.1928). Daraus ist zu erkennen, dass er in diesem Roman auch einiges aus seinem Leben verarbeitet hat. Ursprünglich als Fortsetzungsroman konzipiert und in 12 Fortsetzungen in den ‚Illustrated London News‘ veröffentlicht, überarbeitete er ihn später und schloss anschließend mit seiner Schriftsteller-Tätigkeit ab. 

Sein fortschrittliches Denken bezüglich Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern schimmert auch immer wieder in diesem Roman durch und wirkt für diese Zeit schon fast revolutionär: bei den Frauen beobachten wir eine positive Entwicklung, während der Mann in seinem Denken stehenbleibt. Vier Sterne vergebe ich gerne und empfehle es auch all jenen, die das Thema ‚Partnerschaft‘ interessiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

Gespräche aus der Community

Klassiker-Leserunde 

Beginn: 01.02.2022

1.521 Beiträge
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Letzter Beitrag von  claudiaZ

Sorry, ich war durch eine privaten traurigen Vorfall in der letzten Zeit beansprucht und habe daher nicht so viel gepostet.

Hier meine Zusammenfassung:


"Die Handlung spielt in der südenglischen Heide. Dies wird in der ersten Hälfte des Buches ausführlich dargestellt. Naturbeschreibungen und das Laben der Menschen in der Heide werden ausgiebig beschrieben. Die Heidelandschaft ist von vielen schmalen Wegen durchzogen. Dies entspricht in gewisser Weise auch den weiteren Handlungssträngen. Im Mittelpunkt stehen mehrere junge Menschen, die auf unterschiedliche Weise miteinander verbunden sind und die sich durch ihr Handeln immer weiter miteinander verstricken bis einige Personen ein überaus drastisches Ende finden.

Für mich war es hilfreich, dieses Buch im Rahmen einer Leserunde zu lesen. Dies hat über die teilweisen Längen der Handlung hinweg geholfen. "

Beginn: 13.1.

773 Beiträge
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Letzter Beitrag von  TanyBee

Finde ich auch !

Klassiker-Leserunde im April.

Wir lesen mit eigenem Exemplar.

910 Beiträge
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Letzter Beitrag von  Apfelgruen

Ich glaube das lag auch daran, dass er es erstens anfangs nicht geglaubt hat, und zweitens sich selber als der Schuldige fühlte, da er sie ja quasi durch sein Handeln dazu getrieben hatte. Und außerdem hatte er sich ja auch, wie du sagst, gewandelt.

Zusätzliche Informationen

Thomas Hardy wurde am 02. Juni 1840 in Higher Bockhampton (Großbritannien) geboren.

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