Cover des Buches Dagegen sein ist nicht genug (ISBN: 9783218009942)
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Rezension zu Dagegen sein ist nicht genug von Thomas Hofer

Dagegen sein ist nicht genug

von Sikal vor 8 Jahren

Rezension

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Sikalvor 8 Jahren

„Wie kommen wir wieder an kompetente Persönlichkeiten, die sich den Job Politik überhaupt antun?“ So lautet der erste Satz des Buches „Dagegen sein ist nicht genug“ im Klappentext.

Das Buch versucht in Aufsätzen von österreichischen Persönlichkeiten eine Lösung für Politikverdrossenheit, politischem Extremismus und mediengeilen Politikern (bewusst nicht gegendert) zu finden, entlässt aber den kritischen Bürger auch nicht aus seiner Verantwortung.

Der Ansatz des Buches ist ein ganz brauchbarer, der Hintergrund in Österreich ein trauriger und sicherlich ist es an der Zeit ein solches Buch zu schreiben. Sieht man jedoch genauer hin, so entdeckt man bereits bei den Namen so einiges Widersprüchliches. Nicht, dass die Aufsätze einseitige politische Meinungen wiedergeben oder ein Lager nicht zu Wort käme – nein hier ist dem Autor kein Vorwurf zu machen. Das Problem des Buches ist es, dass sehr viele Menschen zu Wort kommen, welche tagtäglich versuchen ihre Meinung als die einzig richtige zu verkaufen.

Während zu der Zeit, als ich das Buch gelesen habe, abertausende vor dem Krieg flüchtende Menschen durch oder nach Österreich ziehen, versuchen hier jene Politiker, welche ihrer Meinung nach genau durch diese Menschen Wahlen verlieren, von mehr Bürgernähe zu sprechen.

Bürgernähe wird nicht dadurch erzeugt, dass man auf jemanden oder etwas zeigt und sagt hier haben wir die Schuld aller Probleme – Bürgernähe wird erzeugt indem die Ängste der Bevölkerung wahrgenommen werden und Beachtung finden. Im Gegensatz dazu wird auch keine Bürgernähe durch Schüren der Ängste hervorgerufen – das führt eher zu einer Autoritätsgehorsamkeit welche ebenfalls nicht zu befürworten ist.

Was aber kann dann zu Bürgernähe führen?

„Was der Einzelne oder die kleine Einheit verantworten kann, soll auch in deren Verantwortung bleiben“, heißt es im Aufsatz von Reinhold Mitterlehner auf Seite 38. Hier stehen wir vor einem Dilemma, welches, ausgelöst durch „fürsorgliche Politiker“ und einer Mehrheit gutgläubiger Bürgern, nicht von heute auf morgen gelöst werden kann.

Politik braucht mehr Verantwortung – Verantwortung seitens der Politiker aber auch (und ich wage an dieser Stelle zu sagen - sogar mehr) Verantwortung seitens der Bürger.

Die Politiker versuchen Dinge schön zu reden, welche schon lange schief laufen – andererseits versorgt uns genau diese Politik aber auch mit jenen Nachrichten, dass wir das Schöne glauben können ohne es zu hinterfragen. Ein Mindestpensionist, welchem glaubhaft versichert wird, dass seine Pension gesichert ist, wird dies eher glauben als das Gegenteil.

Alois Stöger schreibt auf Seite 62, dass das Produkt Information in den Medien mehr und mehr durch das Produkt Unterhaltung verdrängt wird. Somit werden politische Inhalte vom Durchschnittsbürger nicht mehr wahrgenommen.

Politische Inhalte brauchbar aufzubereiten ist eine Aufgabe der Politik und der Medien – hier kann selbst der kritischste Bürger nur sehr wenig beitragen. Wenn aber die Politik selbst mehr und mehr zur Talkshow wird und sich Politiker gegenseitig anschwärzen und das auch noch von den Medien als Unterhaltung aufbereitet wird, ist der Bürger schnell geneigt sich einen anderen Sender zu suchen – oder anders gesagt, das politische Lager zu wechseln. Politiker, welche von Medienleuten anstelle von Fachleuten beraten werden, haben nichts anderes im Sinn als gut dazustehen.

Ohne greifbare Inhalte ist für viele Bürger die Politik wie Fernsehen – wem das Programm nicht passt, der beginnt zu zappen – von Programm zu Programm, von Partei zu Partei. Oft bleibt man dann eben beim kleinsten Übel oder schlimmer noch - der seichtesten Unterhaltung hängen. Stefan Wallner schreibt es ähnlich indem er sagt: „Oft ist man schon froh, wenn eine Partei das kleinere Übel ist…“

Bürgerbildung und nicht Bürgernähe sollte es daher heißen – dann werden sich Bücher wie dieses in Zukunft von selbst erübrigen.

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