Thomas Kunst

 3,6 Sterne bei 29 Bewertungen
Autor*in von Zandschower Klinken, Kunst und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Thomas Kunst wurde 1965 in Stralsund geboren, machte Abitur und zog 1986 ins schöne Leipzig. Er begann Pädagogik zu studieren und ließ es wieder bleiben. Kurz darauf begann die Laufbahn als Bliotheksassistent in der deutschen Bücherei Leipzig. 1991 veröffentlichte er sein erstes Buch. Wenn er nicht schreibt, dann beschäftigt er sich intensiv mit improvisierter Musik: Gitarre und Violine.

Neue Bücher

Cover des Buches WÜ (ISBN: 9783518431733)

Neu erschienen am 18.03.2024 als Gebundenes Buch bei Suhrkamp.
Cover des Buches Nur noch den Abend erreichen (ISBN: 9783990274002)

Nur noch den Abend erreichen

Neu erschienen am 22.02.2024 als Buch bei Jung u. Jung.

Alle Bücher von Thomas Kunst

Cover des Buches Zandschower Klinken (ISBN: 9783518429921)

Zandschower Klinken

 (12)
Erschienen am 15.02.2021
Cover des Buches Kunst (ISBN: 9783942375214)

Kunst

 (3)
Erschienen am 08.06.2015
Cover des Buches Freie Folge (ISBN: 9783990270752)

Freie Folge

 (2)
Erschienen am 26.08.2015
Cover des Buches Kolonien und Manschettenknöpfe (ISBN: 9783518427545)

Kolonien und Manschettenknöpfe

 (2)
Erschienen am 07.08.2017
Cover des Buches Was wäre ich am Fenster ohne Wale (ISBN: 9783627001223)

Was wäre ich am Fenster ohne Wale

 (2)
Erschienen am 01.03.2005
Cover des Buches Legende vom Abholen (ISBN: 9783942955027)

Legende vom Abholen

 (2)
Erschienen am 05.04.2010
Cover des Buches die verteilung des lächelns bei gegenwehr (ISBN: 9783928833097)

die verteilung des lächelns bei gegenwehr

 (1)
Erschienen am 01.01.1992
Cover des Buches Sonntage ohne Unterschrift (ISBN: 9783938476017)

Sonntage ohne Unterschrift

 (1)
Erschienen am 23.02.2005

Neue Rezensionen zu Thomas Kunst

Cover des Buches Zandschower Klinken (ISBN: 9783518429921)
Maus86s avatar

Rezension zu "Zandschower Klinken" von Thomas Kunst

Weiße Plastikschwäne
Maus86vor 2 Jahren

Ein Buch für das man alle Erwartungen an einen Roman, die man normalerweise hat, abstellen muss. Der Autor ist kein Fan von  Plots, offensichtlich. Es ist nicht einfach sich in das Buch hineinzufinden, insbesondere wenn man, wie ich, das Gefühl hat, die ganzen Verweise und Anspielungen, bis auf wenige Ausnahmen, nicht zu verstehen... 

Und doch mochte ich es. Für mich hat es funktioniert, sobald ich es nicht mehr als Roman sondern nur noch als eine Art Sprach- und Fabulierkunst gelesen habe. Dann hatte es seinen eigenen speziellen Reiz.

Darüber hinaus, und das ist für mich der wichtigste Pluspunkt des Buches, gibt es die abstrusesten lustigsten Einfälle, die ich jemals gelesen habe. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt bei einem Buch in dermaßen, haltloses, hysterisches Gelächter ausgebrochen bin (vielleicht noch nie...). Die Rituale mit den weißen Plastikschwänen und dem Bauwagen, der einen U-Bahnwaggon spielt, sind nur zwei Beispiele für absurde Szenen und Ideen, die in der deutschsprachigen Literatur ihresgleichen suchen. Ich empfehle dieses Buch sprachverliebten Lesern mit einem sehr offenen Sinn für Humor.

Cover des Buches Zandschower Klinken (ISBN: 9783518429921)

Rezension zu "Zandschower Klinken" von Thomas Kunst

Abseits literarischer Konventionen
Ein LovelyBooks-Nutzervor 2 Jahren

Ich war noch nicht weit gekommen, als ich das erste Mal dachte: „Moment. Diesen Satz hast du doch schon mal gelesen. Ach was, nicht nur den Satz – die ganze Passage!“ Bald darauf das nächste Déjà-vu. Und das nächste. Und das nächste. Immer wieder die gleichen Satzbausteine, mal in völlig neuen Kontexten, mal in Wiederholungen bekannter Handlungsmuster – wortgetreu oder mit lediglich minimalen Variationen.⁣

Die Erzählperspektiven wechseln, die Sätze indes nur bedingt, und immer verläuft alles „in umgekehrter Reihenfolge“. Geradezu gebetsmühlenartig, verdammt verwirrend, wahnsinnig widerspenstig … da musste ich mich erstmal drauf einlassen. Der Charme blitzt zwar hier und dort hervor, aber anfangs war ich zu verstört, um das zur Kenntnis zu nehmen.⁣

Dieser ganze Abschnitt wird im Buch fünfmal wiederholt:⁣

“Ich bitte dich, freitags vor der Bettruhe so zu tun, als hätten wir Windeln um und könnten uns an früher erinnern. Meine Mutter genoss das Leben in all seiner Wildnis und Vergeblichkeit. Als mein Vater fünf Jahre später in mein Bett sah, lag mein Schwesterchen drin und war noch kein Reh. Ich hatte nie etwas übrig für seine tolerante Gnade.”⁣

Ich war entgeistert, sogar ein wenig verärgert. Hatte zunächst das Gefühl, einer Mogelpackung aufgesessen zu sein – dass die 254 Seiten womöglich nur aus einem endlosen Fragmente-Tetris bestünden. Was soll das sein, was ist das hier?! Dennoch, neugierig machte mich schon, was ich so erahnen, mir an Sinn aus den Versatzstücken herauskratzen konnte.⁣

Also erstmal abwarten, was da noch so kommt. Den analytischen Verstand bis auf Weiteres außen vor lassen. Das Buch urteilsfrei wirken lassen wie Improvisationstheater. Und tatsächlich: Bald entwickelten die Wiederholungen eine geradezu hypnotische Sogwirkung. Sie sind der Beat, der Kunsts wilder, grotesk-witziger Improvisation einen Rhythmus verleiht.⁣

Mal scannen deine Augen nur noch die Buchstaben, weil du ja schon weißt, was da steht, während Sinn oder Unsinn leise dröhnen wie ein unterschwelliger Chorgesang. Mal wirkt diese Zerpflückung der Sprache, das Herausreißen aus dem Zusammenhang, beinahe dadaistisch. Du suchst nach Unterschieden, nach Sätzen, die du noch nicht kennst, dem magischen Schlüssel, der dir die Handlung erklärt. Denn natürlich gibt es sie – die Sätze, die einmalig sind, der Wiederholung entkommen. Sie leuchten geradezu heraus aus dem Dickicht des Altbekannten.⁣

Aber ein Handlungsgerüst erschließt sich kaum, denn eine fortlaufende Handlung gibt es nur in Ansätzen, die Erzählperspektive ist oft unbestimmt. Das Buch verweigert den Leser:innen einfache, unmittelbar nachvollziehbare Erklärungen und Zusammenhänge. Da musst du einfach hinnehmen, dass ein norddeutsches Reh Spanisch-Unterricht nimmt, in Kolumbien einen Taxischein macht und nebenher reiche Touristen entführt, um den Verdienst aufzubessern. Das ist nah am Surrealen, mitten drin im Traumhaften.⁣

Dennoch ist das Zentrum der Geschichte immer das fiktive nordostdeutsche Dorf Zandschow, wo die Menschen sich den Alltag trotz Armut und Perspektivlosigkeit auf fantasievolle Art aufregend und paradiesisch gestalten. Die Industrie hat sie abgehängt, der Fortschritt hat sie verraten … Na und? Jetzt erst recht! Zandschow ist Freiheit.⁣

Einerseits wirken die Einwohner wie lustvolle Anarchisten, andererseits haben sie sich ihr Glück streng nach Wochenplan reglementiert: Auf diese Art hast du an diesem Tag erfüllt und glücklich zu sein, basta. Aber ihre verrückten Rituale sprengen jede Vernunft, jeden Trott, jeden Zwang – und machen gerade deshalb verdammt viel Spaß.⁣

Es ist alles gleichzeitig echt und falsch. Der Löschteich in Dorfmitte ist das Meer, ein paar Steinbrocken sind die Küste, mit ein paar künstlichen Palmen wird Zandschow vollends zu Sansibar. Mit Hometrainern fahren sie die Tour de France nach, wobei auch Vieh auf der Straße und Tränengasattacken buchstäblich ins Wohnzimmer geholt werden. Eine Sonnenbank kann Spanien, Italien oder die Karibik sein; regelmäßig findet eine Art von Ausdruckstanz mit Plastikschwänen statt – alles ist möglich. Sie sind Aussteiger, die ihr Dorf nur in Gedanken verlassen. Das aber mit Enthusiasmus.⁣

“Schwäne. Schwäne. Die Schwäne. Die Schwäne. Schwäne über Schwäne. Die Schwäne über die Schwäne.”⁣

Zwischendurch blitzen Erinnerungen des Protagonisten an seine DDR-Kindheit auf, und die spiegeln sich wider im absurden Geschehen. Anderes nimmst du quasi in mentaler Osmose auf: Eine problematische Vater-Kind-Beziehung. Leben in einer abgehängten Region. Selbstverwirklichung an der Armutsgrenze. Manches liest sich wie ein Märchen, anderes erkennt man jäh und überraschend als Gedicht.⁣

Fazit:⁣

Das kleine Dorf Zandschow liegt in vielerlei Hinsicht mitten im Nirgendwo: hier gibt es keine Arbeitsstellen, keine Perspektiven, kein Garnichts. Aber was die Bewohner besitzen, ist Fantasie und eine wilde Entschlossenheit, das Leben mit ihren kargen Mitteln zu feiern, auf eine skurril-aberwitzige Art und Weise. Und so wird Zandschow zu Sansibar, der Löschteich zum karibischen Meer.⁣

Thomas Kunst verpackt das in eine Sprache, die Leser:innen einiges abverlangt, da schwirrt dir beim Lesen nur so der Kopf. Das vorherrschende Stilelement, gnadenlos ausgereizt, besteht aus Wiederholungen ganzer Passagen. Wieder und wieder und wieder liest du dieselben Sätze, dieselben Abschnitte, bis sie irgendwann an dir vorüberziehen wie im Rausch.⁣

Und ja, da steckt durchaus auch Kritik drin: gesellschaftlich, sozial, politisch. Bei allem Chaos, aller sprachlichen Anarchie, ist das Buch doch nicht beliebig, sondern durchaus bewusst komponiert. Ich bin hin- und hergerissen, aber eines ist sicher: Das ist wirklich mal was ganz Neues und Gewagtes, das ist eine Sprache zwischen Poesie und Prosa, die dich provokant aus der Wohlfühlzone schubst.⁣

Meines Erachtens verdient der Titel alleine für Originalität und verbale Experimentierfreude schon die Nominierung für den Deutschen Buchpreis. Ist er mein Favorit? Zugegeben, das nicht.⁣




Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog:

https://wordpress.mikkaliest.de/rezension-thomas-kunst-zandschower-klinken/

Cover des Buches Zandschower Klinken (ISBN: 9783518429921)
miss_mesmerizeds avatar

Rezension zu "Zandschower Klinken" von Thomas Kunst

Thomas Kunst - Zandschower Klinken
miss_mesmerizedvor 2 Jahren

Es hat ja gute Tradition, dass unter den Büchern, die es auf die Shortlist diverser Literaturpreise schaffen auch welche sind, die sich dem Leser nicht unmittelbar erschließen. Die herausfordern. Die experimentell sind. Als Literaturwissenschaftlerin lasse ich mich durchaus auf solch sprachlich oder formal neue Wege gehende Werke ein, mal sprechen sie mich an, mal bleibe ich ratlos zurück. Thomas Kunsts Roman „Zandschower Kliniken“, der aktuell auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis steht, was meine Neugier weckte, gehört für mich zur letzteren Gruppe. Interessanterweise deutet der Klappentext in keiner Weise auf das hin, was einem erwartet. Vorweg: ich habe nicht bis zum Ende durchgehalten, dabei gehöre ich zu den notorischen Buchbeendern, egal wie schlimm es ist. Hier habe ich jedoch nach knapp 2/3 die Segel gestreckt.

 

Es fällt mir schon schwer, den Inhalt irgendwie zu fassen. Es gibt Sätze, die ich verstehe, die nur mit den Sätzen um sie herum dann wieder wenig Sinn ergeben. Manche machen auch von sich aus schon ratlos:

 

„Ein letztes Mal wurde die Flasche nachts in Bogotá auf einem unbelebten Marktplatz abgesetzt, damit die Menschen durch die Glasöffnung wieder zu ihren Familien zurückkehren konnten“.

 

Ich mutmaße, dass dies auf ein Märchen von Hans Christian Andersen anspielt. In meiner Verzweiflung habe ich alles durchforstet, was neben dem eigentlichen Text noch in dem Buch zu finden war und in den Anmerkungen findet sich ein entsprechender Verweis. Das hilft mir jedoch auch nicht weiter.

 

Ein Mann flieht aus seinem Leben, ein Hundehaltband auf dem Armaturenbrett entscheidet über den Halt. Zandschow. Indischer Ozean. Bogotá. Cartagena. Getränke-Wolf. DDR. Briefe. Ja, das kommt irgendwie alles vor, findet nur nicht zueinander. Ebenfalls in den Anmerkungen bin ich auf eine Danksagung gestoßen, die als Metapher eigentlich ganz gut mein Leseerlebnis beschreibt: Der Autor nennt die Platten, die ihn beim Schreiben inspiriert haben. Beim Lesen kam es mir so vor als wenn diese Platten hängen, denselben Satz immer und immer wieder abspielen, um dann in ein völlig neues Lied zu springen, mit harten Übergang, ohne Erklärung. Das alles in Dauerschleife.

 

Der Name des Autors ist Programm. Kunst. Sehr abstrakt, oder in einer psychedelischen Phase verfasst. Vielleicht auch einfach: dadaistisch. Das würde zumindest von der Idee lösen, einen Sinn suchen zu wollen.

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