Cover des Buches Tau (ISBN: 9783218010801)
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Rezension zu Tau von Thomas Mulitzer

Bewältigungen

von Miamou vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Der provokante Schreibstil war meins, den muss man aber mögen. Gefehlt hat mir an vielen Stellen eine logische Handlung!

Rezension

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Miamouvor 7 Jahren
In seinem Debütroman „Tau“ schickt Thomas Mulitzer einen jungen Mann, mit einem Auftrag seines Professors, nach Wenig, wo er auf den Spuren Thomas Bernhards und seinem Roman „Frost“ wandeln soll. Der junge Mann zieht bei seinem Großvater ein, der Thomas Bernhard kannte, der er Stammgast in seinem Wirtshaus war. In einer 27 – tägigen Aufzeichnung schreibt der junge Mann alles auf, was er von Thomas Mann in Erfahrung bringen kann, dringt dabei aber auch immer weiter in seine eigene Vergangenheit vor und wird gezwungen sich damit auseinanderzusetzen.

Mit einem sehr provokanten mitunter derben Schreibstil von der ersten bis zur letzten Zeile muss der Leser rechnen, wenn er zu diesem Buch greift. Thomas Mulitzer ist dabei sehr konsequent geblieben. Mich hat dieser Schreibstil doch sehr beeindruckt, obwohl mir durchaus klar ist, dass er nicht jedermanns Sache ist. Trotzdem passt diese Sprachgewalt zum Charakter des jungen Mannes, der die Geschichte in der Ich – Form erzählt.

Er beschreibt sich selbst als anders. Er ging als einer der wenigen seines Jahrgangs ins Gymnasium und nach der Matura ist er in die Stadt gezogen, dort wird er fast zum Dauerstudent und weiß nicht so recht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Sein Professor schickt ihn zurück in seinen Heimatort Weng, mit einem klaren Auftrag, nämlich alles über Thomas Bernhard und seinem Werk „Frost“ herauszufinden. Warum der Professor ihn allerdings dort hinschickt, also welche Intention dahintersteckt, wird bis zum Ende des Buches leider nicht klar. In den ersten Kapiteln wird man trotzdem wunderbar in die Vergangenheit mitgenommen. Der Protagonist erzählt sehr viel aus seiner Schublade und auch von seinem Großvater erfährt man so einiges.

Gleichzeitig übt der Autor für mich auch einiges an Gesellschaftskritik, Generationenkonflikt, allgemeine Kritik an der Literaturwelt und Zugehörigkeitsproblemen aus. Wobei er diese mehr am Protagonisten festmacht, der die Tendenz hat, alles Mögliche einfach nur schlecht zu reden. Dies allerdings kann möglicherweise auch wieder daran liegen, dass er nicht so recht weiß, wo er hingehört. Am Ende stellt sich bei ihm jedoch ein wenig das Thema ein, dass man Wurzeln und Flügel haben kann.

Was mir an dem Buch jedoch wirklich gefehlt hat, war eine runde, logische Handlung. Viel zu oft ging es rein darum, welche Sexphantasien der Protagonist hat (diese hatte er meistens in der Kirche, die er aufgrund seines Großvaters sonntags besucht) und seinen Eskapaden mit Alkohol und Drogen. Als dann etwa ein Dreiviertel des Buchs rum war, muss man als Leser leider zur Kenntnis nehmen, dass nicht klar ist, wohin mit der Handlung und leider ändert sich das bis zum Ende des Buches nicht wirklich. Es gibt zwar in den letzten Kapiteln noch so etwas wie „Reue“ und „Arbeiten“ des jungen Mannes, aber da ist es schon ein wenig spät.

Der spezielle Schreibstil wiegt das Fehlen einer Handlung leider nicht auf. Es gab diese kleinen Ereignisse, Episoden und Beschreibungen, die wirklich gut waren, aber nicht so recht in eine Handlung gesetzt wurden.

Mit einer Leseempfehlung tue ich mir schwer. Leser, die eine logische Handlung brauchen, werden sich mit „Tau“ etwas schwertun. Dennoch fand ich den Schreibstil gut und konsequent und deswegen würde es sich lohnen, in das Buch auf jeden Fall einmal hineinzuschnuppern. Während der Lektüre habe ich mich öfter gefragt, ob es mir mit „Tau“ leichter gegangen wäre, wenn ich vorher „Frost“ gelesen hätte. Leider kann ich das bis dato nicht beantworten.

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