Musiker-Biographien interessieren mich ja grundsätzlich. Hiervon wiederum sind es besonders die Sänger, die mein Interesse wecken. Und ich möchte hiermit unterstreichen, dass für mich die Behinderung des Autors in keiner Weise eine Rolle gespielt hat! Ich habe das Buch vor allem deshalb gelesen, weil er einfach ein guter Sänger ist, und ich mehr über seine Ausbildung und seine Sicht der Musik wissen wollte.
Die größte Überraschung war dann wohl die durchgängige Fröhlichkeit des Erzähltons, das Plaudern, der Lebensmut, und die Begeisterung für sein Fach. Sicher kommt auch die Behinderung vor - anfangs wollte man ihn nicht einmal studieren lassen! Und auch bei Auftritten und im Management gab es so manche Tücken. Aber diese Aspekte der Erzählung treten zurück hinter Thomas Quasthoffs profundes musikalisches Verständnis, und hinter seiner Fähigkeit, auch beim Leser Begeisterung für die Musik zu wecken.
Nur gelegentlich schießt er dabei über sein Ziel hinaus. Selbst ich mit meinen musikalischen Vorkenntnissen musste manchmal recht aufmerksam lesen. Quasthoff geht bei seinen Schilderungen oft in Details der Komposition und Harmonik, die der Durchschnittsleser sicher nicht wird nachvollziehen können. Aber das Ganze wird immer getragen vom Bemühen, beim Leser Verständnis zu wecken für diesen oder jenen Punkt.
Das Buch ist recht locker aufgebaut. Es beginnt mit den beiden Quasthoff-Brüdern in einer Kneipe, wo die Idee zum Buch geboren wird. Über eine gewisse Strecke bleibt es dann chronologisch, und zeichnet den Verlauf von Quasthoffs Karriere nach - hier aber immer (!) mehr unter musikalischen als unter persönlich-dramatischen Gesichtspunkten. Gegen Ende wird es dann ein wenig sprunghaft und anekdotisch, nicht immer gibt es einen roten Faden. Es bleibt aber durchweg vergnüglich und gut lesbar.
Besonderen Raum nehmen immer die Menschen ein, die ihn begleitet haben. Sie werden oft ausführlicher geschildert als Quasthoffs eigene Gefühlslage! Da wäre der exzentrische Toni, die langjährigen Manager, Thomas' Bruder Micha, diverse Kollegen, Partnerinnen, Gesangslehrer, und und und. Ich fand das sympathisch, da Quasthoff ganz augenscheinlich nicht im Mittelpunkt stehen will, sondern weiß, was er wem verdankt.
Einen kleinen Abzug verleihe ich dem Buch aber auch aufgrund des eher gehobenen Sprachniveaus. Ein klein wenig lässt Quasthoff schon seine Bildung "raushängen". Manche Sprachspielereien und Metaphern sind sicher nicht für jeden verständlich!
Insgesamt hat mich das Buch aber gut unterhalten, und bestens über den Sänger Quasthoff informiert. Empfehlen würde ich es allerdings nur solchen Lesern, die auch musiktheoretisch und in der Allgemeinbildung "sattelfest" sind.
Thomas Quasthoff
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Thomas Quasthoff
Die Stimme
Singen mit Thomas Quasthoff
Neue Rezensionen zu Thomas Quasthoff
Rezension zu "Die Stimme" von Thomas Quasthoff
Thomas Quasthoff beschreibt in seiner Autobiographie seinen Werdegang als erfolgreicher Bariton in der klassischen Musik und natürlich, das ist ja kaum zu vermeiden, sein Leben mit Contergan-Behinderung. Und wenn einen dieser Mensch und seine Themen interessieren, lohnt das Buch das Lesen. Quasthoff erzählt seinen Lebensweg mit einer großen Fähigkeit zu Humor und Selbstironie. Er erzählt offen von den Hindernissen, die ihm in Kindheit und Jugend als Behindertem in den Weg gelegt wurden, und welche Kämpfe seine Eltern und er selbst auszufechten hatten. Dabei wird aber auch deutlich, dass das eben nicht sein Lebensthema ist, sondern eindeutig die Musik, die auch den größten Teil des Buches ausmacht. In seiner Begeisterung schießt er dabei manchmal übers Ziel hinaus, auch mir, die ich viel und gerne klassische Musik höre, war dann doch manchmal überfordert mit den vielen Namen und Begriffen. Aber das sind nur einzelne Passagen, und insgesamt ist das Buch wirklich gut zu lesen und interessant.
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