„Hunde müssen so leben, sich so verhalten, wie Menschen es möchten, wie Menschen es sich immer wieder neu ausdenken. Sie müssen sich ständig neu anpassen und dürfen fast nie das Leben führen, worauf die Evolution sie vorbereitet hat. Hunde müssen so leben, wie wir uns das Vorstellen. Es wird Zeit, dass wir uns einmal die Frage stellen, wie Hunde ihr Leben gestalten würden, wenn wir es ihnen nicht vorschreiben würden.“ – Thomas Riepe in seinem Buch ‚Einfach Hund sein dürfen‘,
Was, wenn Hunde ein selbstbestimmtes Leben führen würden? Genau dieser Frage geht Thomas Riepe in seinem Büchlein „Einfach Hund sein dürfen“ nach: Dazu wirft der Autor einen Blick auf freilebende Hunde, die dies ein Stück weit tun. Das Leben der Straßenhunde Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, aber auch im südlichen und östlichen Europa hat er dazu studiert. Auch herumstreunende Hofhunde und die wildlebenden Verwandten, Wölfe und Dingos, haben zu den erhaltenen Erkenntnissen beigetragen.
Thomas Riepe ist Hundepsychologe, Tierjournalist und Tierbuchautor. Seine Fachbücher über Hunde, Wölfe und andere Wildhunde sind anerkannte Werke, die zum besseren Verständnis dieser Tierart beitragen wollen. In seinem Büchlein „Einfach Hund sein dürfen“, plädiert er für eine Hundehaltung, die sich an die natürlichen Bedürfnisse des Hundes orientiert.
Der Autor geht in seinem knapp 110 Seiten umfassenden Buch der Frage nach, wie die, von ihm aufgezählten „selbstbestimmten Hundeartigen“ ihren Tag verbringen und womit sie sich beschäftigen. In einem zweiten Schritt versuchter diese natürlichen Formen der Beschäftigung und Tagesgestaltung auf unsere Haushunde zu übertragen. Natürlich liefert er auch die möglichen Antworten.
Das schmale Werk weckt Neugier. Seinen Vierbeiner verstehen, ihm mit einfachen Mitteln ein ausgeglichenes Leben ermöglichen und so vielleicht das gemeinsame Zusammenleben ganz nebenbei verbessern – wer will das nicht? Doch Leser, die in diesem Buch eine Anleitung zur richtigen Beschäftigung ihres Hundes suchen, werden enttäuscht sein. Denn ein Beschäftigungs- oder gar Erziehungsratgeber ist das dünne Büchlein nicht. Vielmehr lädt Thomas Riepe dazu ein, in die Welt der Hunde einzutauchen und ihre natürlichen Bedürfnisse besser verstehen zu lernen.
Eins wird auf jeden Fall klar, normale Hunde brauchen keinerlei Bespaßung, Aquility und auch keine Schule, wenn wir uns auf sie einlassen und ihre Bedürfnisse befriedigen, haben wir eine entspannte Beziehung. Ich kann das Plädoyer des Autors für einen unkomplizierteren Umgang mit unseren Hunden nur unterstützen.
Thomas Rieper vermittelt auf glaubhafte und gut verständliche Art die natürlichen Bedürfnisse unserer vierbeinigen Freunde. Dafür schildert er die Ergebnisse seiner Recherchen zu freilebenden Hunden und seinen verwandten Arten.
Schon die ersten Seiten des Buches ermahnen zum Nachdenken und Reflektieren. Wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft und gerade in dieser lebt ein Hund oft den Tagesablauf des Menschen und gestaltet seinen Tag nicht mehr seinen eigenen Bedürfnissen entsprechend. Das gilt vor allen Dingen den nötigen Ruhepausen. Hunde verschlafen, wenn man sie lässt, nämlich viele Stunden des Tages.
Natürlich fehlen Tipps für die Umsetzung des Gelesenen im Alltag nicht – diese nehmen aber nur einen sehr kleinen Teil des Werkes ein und sind sehr allgemein gehalten. Dass Hunde Individuen sind, die je nach Alter, Rasse etc. ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben, versteht sich von selbst. Darum geht der Autor auch nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Hunde ein. Hier geht es um die Befriedigung von Ur-Bedürfnissen und das ist gar nicht einmal so schwer, wie wir vielleicht glauben mögen.
Nach der recht langen und informativen Einleitung beschäftigt sich Thomas Rieper mit den Möglichkeiten, wie wir den Alltag unserer Hunde natürlich gestalten können und zu mehr Wohlbefinden beitragen können.
Der Autor beschäftigt sich mit:
dem „Streifgang“
dem Revier bewachen
Nahrung beschaffen, verstecken und bearbeiten
Interaktion mit Sozialpartnern
Regeneration – Schlafen & Ruhen
Bei jedem der Kapitel zieht er Vergleiche zwischen Wolf, Hundeartigen und unserem Familienhund, die äußerst aufschlussreich sind.
Ein von mir vollkommen unterschätztes, jedoch scheinbar elementares Bedürfnis unserer vierbeinigen Begleiter ist ein festes Revier vorzufinden. Damit ist nicht etwa der Wohnraum beziehungsweise. der Garten gemeint, sondern das unmittelbare, täglich aufgesuchte „Gassiumfeld“ mit einem ordentlichen Radius und wechselnden Wegeführungen. Viel zu oft folgen wir denselben Wegen.
Ein Garten, so schreibt Thomas Riepe, ist kein Ersatz für Streifgänge in der Umgebung. Diese Streifgänge sollten abwechslungsreich sein, also nicht immer die gleichen Wege berühren und sie sollten vom Hund auch öfter mal frei gestaltet werden. Markieren ist laut Thomas Riepe ein vollkommen normales und wichtiges Hundeverhalten.
Dieses Buch möchte ich gerade in diesem Teil gerne so manchem Hundehalter zur Verfügung stellen, die ihre Hunde hinter sich herziehen, ihnen kaum Zeit geben zu schnüffeln und zu markieren oder die ihre Tiere am Fahrrad hinter sich herrennen lassen. Warum diese schnelle Form der Bewegung auf Dauer schädlich ist, steht in dem praktischen Ratgeber.
Ein Rückschluss des Autors auf seine Beobachtungen, nämlich das weder Wölfe noch Hunde in wirklichen Rudeln unterwegs sind, es sei denn es handelt sich hier um Elterntiere mit ihrem Nachwuchs, hat mich dann doch überrascht. Oft wird das Gegenteil behauptet, was zu falschen Ansätzen geführt hat.
Der Autor schließt aus seinen Beobachtungen und Recherchen auch darauf, dass Hunde sich eher dem Menschen zuwenden als seinen eigenen Artgenossen. Auch eine für mich ungewöhnliche, aber aus dem Verhalten mancher Hunde logische Schlussfolgerung. Wieviel Sozialkontakt für Hunde noch gesund ist und wie er sich mit seinem Menschen gestalten lässt wird hier kurz umrissen.
Das hohe Anpassungsvermögen der Hundeartigen äußert sich nicht nur im Zusammenleben mit uns Menschen, sondern auch mit anderen Tierarten. Hierzu zählt Thomas Rieper einige nette Beispiele auf.
Wir wollen unseren Hunden – unseren Familienmitgliedern – ein schönes und artgerechtes Leben bieten. Wir neigen aber dazu viel zu viel mit unseren Hunden zu unternehmen und die wichtigen, einfachen Dinge zu übersehen oder zu vergessen. Weniger ist oft mehr, denn ohne ausreichende Schlaf- und Ruhezeiten kann ein Hund nicht ausgeglichen sein. Individuell angepasst hat der Hund zwischen 15 und 20 Stunden am Tag ein Schlaf- und Ruhebedürfnis, welches wir unbedingt ermöglichen sollten. In Zeiten von einem „Hundebeschäftigungswahn“ fällt uns das häufig sehr schwer.
Dieses Buch bringt dir einfache Tipps für ein natürliches und selbstbestimmteres Hundeleben.
Häufige Wiederholungen des Geschriebenen stören stellenweise den Lesefluss und es hätte sicherlich nicht geschadet, das eine oder andere Kapitel zugunsten einer längeren Betrachtung des modernen Hundelebens zu straffen. Trotzdem ist dieses Büchlein sehr informativ und durch die zahlreichen witzigen Zeichnungen auch noch sehr unterhaltsam.
Interessant ist der Stoff auf jeden Fall, keine Frage und natürlich ergeben sich damit logische Verbindungen zu den angebotenen Simulationen, wie einer dem Hund angepassten Art und Weise unterwegs zu sein.
Ein Tipp des Autors, nämlich den Hund einfach mal ein einem eingezäunten Grundstück sich selbst zu überlassen, damit er seinen Neigungen ungehindert nachgehen kann, halte ich für sehr gut. Eben genau das: Einfach Hund sein dürfen
Die Tipps des Autors für eine etwas interessantere Nahrungsverabreichung finde ich ebenfalls klasse. So hat der Hund eine geistige Beschäftigung, die er als wildlebender Hund naturgemäß hätte.
So kann ich dieses Buch nur jedem Hundehalter empfehlen.











