Es ist schon ein wenig ein künstliches Konstrukt, welches der systematische Theologe Thomas Ruster mit seiner Frau, Leiterin einer katholischen Bildungsstelle und einer Eheberatungsstelle, in diesem Buch als eine mögliche Lösung des Dilemmas der Wiederverheiratung Geschiedener im Rahmen der katholischen Lehre erbauen.
Allerdings ein durchaus theologisch fundiert argumentiertes Konstrukt, in dem die Autoren aufzeigen, dass es durchaus einen theologisch begründbaren und kirchenrechtlich umsetzbaren (ohne das Verständnis vom Sakrament der Ehe anzutasten) Weg gäbe, mit einem der drängenden Probleme des katholischen Kirchenrechtes und Dogmas einen „menschenfreundlichen“ Umgang zu finden.
Im Kern beruht die mögliche Lösung darauf, dass bei der Trauung darauf verzichtet wird, dass die Spendung des Ehesakraments „automatisch“ durch die Konsenserklärung der Eheleute erfolgt, sondern dieser Konsens verstanden wird „nur“ als Voraussetzung für die sakramentale Haltung. Dann ist es, theologisch verstanden, durchaus möglich auch eine zweite Ehe im Rahmen einer angepassten katholischen Lehre anzuerkennen. Wenn dieser dann eben kein sakramentaler Charakter zugeordnet wird. Das „Ehesakrament“, dabei bleibt es auch nach den Ausführungen der Autoren in diesem Buch, kann „nur einmal“ gespendet werden.
Dennoch aber würde sich die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche bei wiederverheirateten Geschiedenen ohne weiteres zugestehen lassen. So die katholische Lehre die „nicht-sakramentale“ Ehe, die dann auch nicht im Rahmen einer katholischen Trauung geschlossen werden könnte, anerkennt, vielleicht sogar einen eigenen, passenden Segensritus für diese entwickelt.
Biblisch begründet auf Mt. 5,32 und Mt. 19,19 wäre eine „Beweislast“ für ein Scheitern einer Ehe nicht mehr auf Seiten der Eheleute einzufordern und durch die Änderung der “sakramentalen Herstellung“des Konsens verlöre die Trauung nicht ihren einzigartig sakramentalen Charakter, würde aber den Weg für nicht-sakramentale, anerkannte Ehen öffnen.
Durchaus umfassend und fundiert betrachten die Autoren die Ehe, zum einen in ihren theologischen Bezügen, zum anderen in ihrer gegenwärtigen Wirklichkeit. Und natürlich ist der Wunsch, das Dilemma der Gegenwart ein stückweit zu lösen, oft Vater der Gedanken. Allerdings verfallen die Autoren nicht in den Fehler, sich Argumente „passend“ zu legen, sondern eröffnen dem Leser durchaus nachvollziehbar theologische Möglichkeiten, das bisherige, rigide Eheverständnis (mit theologischem Recht) anders betrachten zu können.
So legen die Autoren im Gesamten mit Tiefgang ein theologisches Verständnis vor, das zwar aktuell nicht mit dem Kirchenrecht vereinbar ist, durchaus aber einen Diskurs um die Rolle der Kirche bei der Trauung selbst (die zu erweitern wäre) in einer Form anstößt, der auch konservativ kirchenrechtlich gangbar wäre. So liegt hier ein mögliches, kleines Licht am Ende eines Tunnels rigider Differenz zwischen kirchenrechtlichem Verständnis der Ehe und gelebter Wirklichkeit vor.