Rezension zu "Tod einer Randnotiz" von Thomas Schrems
Als „alter Hase“ gilt der Journalist Vinzent Kluger, dem so schnell niemand etwas vormachen kann. Und doch tappt der Chefredakteur des Boulevardblattes „Die Gute“ in eine Falle. Im Wiener Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds wurde sein Jagdinstinkt geweckt. Er schluckt einen Köder wie ein blutiger Anfänger, nicht ahnend welche Spirale damit losgetreten wird.
Der Autor Thomas Schrems war lange Jahre Journalist der Kronen Zeitung und kennt das Milieu wie seine Westentasche. Er kann schreiben und weiß auch wie es um das Verhältnis Presse-Politik steht. Der Roman ist top recherchiert und so lesen wir über Politskandale der Vergangenheit, können beispielsweise „Ibiza“ nochmal Revue passieren lassen. Einige andere sind vermutlich nicht so präsent, doch Thomas Schrems kann wirklich aus dem Vollen schöpfen. Da liefern uns die Politiker immer wieder etwas Neues. Ein unerschöpfliches Thema!
Der Roman/Krimi hat weit verzweigte Handlungsstränge angelegt, bei denen man erst nach einiger Zeit merkt wie diese miteinander verwoben sind. Hier hätte ich mir manches Mal etwas Straffung gewünscht, denn über 900 Seiten erfordern Durchhaltevermögen. Und das war bei diesen komplexen Themen nicht immer so einfach hervorzukramen.
Der Schreibstil ist top (wie könnte es anders sein) und wechselt zwischen schwarzem Humor, Sarkasmus, Wortwitz an den richtigen Stellen und bildgewaltigen Dialogen. Man darf nur nicht zu tief in den Sumpf mit eintauchen, denn so mancher Aufhänger auf einer Titelseite hat mit Objektivität so gar nichts am Hut. Auch wenn man davon weiß, ist hier die geballte Ladung an Korruption nur schwer auszuhalten.
Wer sich für einen dicken Schmöker mit Schachtelsätzen interessiert, wird hier seine Freude haben. Für mich war es manches Mal etwas anstrengend am Ball zu bleiben. 4 Sterne