Rezension zu "School adoption in teacher education: Increasing pre-service teachers' responsibility during practice" von Markus Janssen
Inhalt:
Vorgestellt wird hier das junge Kooperationsmodell SATE der Lehrerausbildung für Hochschulen und Partnerschulen. Hochschulen und betreffende Partnerschulen werden durch ein Praktikum der Studierenden miteinander verbunden. Wo gewöhnlich Studierende, ähnlich eines Besuches, für eine begrenzte Zeit ihre Praxis-Erfahrungen in bestehenden Klassenkontexten sammeln, geht SATE hier einen anderen Weg: Studierende übernehmen nach einer detaillierten Vorbereitungsphase die gesamte Schulklasse ohne anwesende LehrerInnen, u.U. auch die Funktion der Schulleitung. In dieser schulischen Selbsterfahrung der Studierenden erhalten die abwesenden LehrerInnen thematisch abgestimmte Fortbildungen. Für Notfälle stehen den SATE-Studierenden DozentInnen der betreffenden Hochschule zur Verfügung.
In diesem hier veröffentlichten Band kommen 5 Hochschulpartner aus 4 Ländern (hier: Deutschland, Russland, Dänemark, Norwegen ) zu Wort. Je nach Ort variiert die Anforderung des SATE-Praktikums stückweit.
Die Erfahrungen der Studierenden jedoch bringen in jedem Land völlig neue Komponenten der gewohnten Lehramt- Praktika mit sich: die Studierenden müssen eigenständige Entscheidungsprozesse treffen und in ihrer Unterrichtsausübung selbst verantworten. Dies vermittelt ihnen verstärkt Autonomie, Problemlösekompetenz und Selbstbewusstsein. Sie erfahren den Radius des Alltags einer Lehrperson ohne Begleitung, wodurch sie ihre eigene Berufsperspektive konkret abprüfen können. Praxis und Theorie erfahren durch jeweils intensive Vor- und Nachbereitungszeiten des SATE-Praktikums eine besonders direkte Umsetzung.
Die genutzte Theorie erfährt ebenfalls eine neue Dimension: wo gewöhnlich die Ebenen der SchülerInnen + LehrerInnen als relativ konträr erfahren werden können, und klar begrenzt, nutzt SATE ein umfassenderes Konzept, welches zum einen von Praxisarchitektur spricht, zum anderen von einem Kernpraxisansatz. Praxisarchitektur beschreibt hier, dass Lernen in einem größer erfassten, sozialen Raum des Unterrichts stattfindet: in den drei Bereichen der Sprache, des Tuns und der Beziehung. Das bedeutet, dass SchülerInnen von den SATE-Studierenden großräumiger erfasst werden können und es für die Kinder ebenso die Möglichkeit gibt, sich selbst unterrichtlich neu zu erfahren. Der Kernpraxisansatz umfasst zusätzlich, dass zentrale Praktiken – bzw. Kompetenzen – in verschiedenen Unterrichtssituationen und Unterrichtsfächern wieder gefunden werden können und konstruktiv genutzt: Für die Studierenden selbst und genauso auch für die teilnehmenden SchülerInnen. Dieses der SATE zugrunde liegende Modell nutzt quasi einen hybriden Raum, welcher schon immer anwesend war, aber theoretisch bisher nicht konkret implementiert wurde.
Fazit :
SATE ist als junges, innovatives Modell zu verstehen, das für die teilhabenden Personenkreise eine realistischere Passung ihres Arbeitens anbietet: zum einen für die teilhabenden Studierenden, die ihre eigene Konfrontation des Schulalltags vor ihrem zukünftigen Berufsstart individuell überprüfen können. Für die teilnehmenden SchülerInnen ist dieses Modell als erfrischende Neuordnung ihrer gewohnten Alltagsstrukturen einzustufen. Für die abwesenden LehrerInnen ergibt sich eine seltene Chance, den eigenen Berufsalltag durch hochwertige Fortbildungen zu hinterfragen und neu auszurichten. Für die Hochschulteams weht neuer, innovativer Wind und gibt die besondere Chance, Theorie und Praxis direkter verknüpfen zu können. Studierende kehren aus ihren SATE-Praktika zurück an die Hochschulen mit einer massiven Erfahrung der Selbstverantwortung, Autonomie und Reflexion.
Bleibt abschließend zu wünschen, dass immer mehr Studierende in diesen Genuss eines SATE-Praktikums kommen, dass sich viele Hochschulen verschiedener Länder anschließen und eine übergreifende Schulforschung ihren Lauf nehmen kann, die die Schulpraxis neu begreift.