Rezension zu "Drei Minuten für jeden" von Tibor Baumann
Was ist das bloß für ein verrücktes (literarisches) Jahr? Man kommt aus dem „Staunen“ über eine (junge) Generation von Independent-Schriftstellern gar nicht mehr raus. So konnte ich mit „Drei Minuten für jeden“ von Tibor Baumann nun mein zweites Indie-Buch innerhalb weniger Tage beenden.
„Drei Minuten für jeden“ ist verwirrend, gleicht dabei manchmal eher einem Drogen-Trip (zumindest stell ich mir so einen Trip vor – selbst erlebt habe ich noch nie einen *g*) denn einem Roman, schmeißt den Leser perspektivisch von einer (Erzähl-)Zeit in die andere, geizt nicht an Kritik gegenüber Entscheidungsträgern und Wirtschaftsbossen und präsentiert sich am Ende aber doch als „großes Ganzes“.
Tibor Baumann merkt man dabei seine Erfahrungen als Regisseur von Independent-Filmen und Theaterstücken an; er lässt sie geschickt in seinen Roman mit einfließen und so werden die einzelnen (längeren) Erzählstränge sowie die immer wieder auftauchenden Fotos und den dazugehörigen (mal längeren, mal kürzeren) Prosa-Texten von Casting-Bewerbungsgesprächen eingerahmt, bei denen man als Leser jedoch nur die Antworten der Bewerber zu lesen bekommt – die Fragen dazu kann sich der Leser also selbst ausdenken oder sich einfach an den teils irrwitzigen und skurrilen Antworten erfreuen.
Wer seichte Lektüre sucht, wird an „Drei Minuten für jeden“ grandios scheitern. Wer aber schon immer mal einen (schrägen) Blick hinter die Kulissen der Schreib- und Filmzunft und den Druck spüren will, dem Autorinnen und Autoren sowie Filmemacher und Musiker (teilweise) ausgesetzt sind, der sollte Geduld und Zeit investieren und dieses Buch lesen.
Danke an den Kladdebuch-Verlag für das Rezensionsexemplar!