Rezension zu Der Mordbrand von Örnolfsdalur und andere Isländer-Sagas von Tilman Spreckelsen
Rezension zu "Der Mordbrand von Örnolfsdalur und andere Isländer Sagas" von Tilman Spreckelsen
von gra
Rezension
gravor 12 Jahren
Bei dem Buch handelt es sich um Nacherzählungen von fünf isländischen Sagen, die vor etwa 700-1000 Jahren entstanden. Das Buch ist liebevoll gestaltet, mit ausdrucksstarken Illustrationen und einer Landkarte, aus der man genau die Handlungsorte erkennen kann. Während mir diese Aufmachung sehr gut gefiel, konnte mich der Inhalt nicht wirklich überzeugen. Der Klappentext spricht von den fünf "spannendsten" Sagas und dem Nachwort kann man entnehmen, dass diese und andere Sagas in Island mindestens so bekannt sind wir hier die Märchen der Brüder Grimm und viel zur Identitätsfindung der Isländer beitrugen. Was diese Faszination ausmacht, kann ich nicht nachvollziehen. In den Sagas geht es zumeist darum, dass ein Dickkopf mit einem anderen Dickkopf in Streit gerät, jemand wird erschlagen, es wird ein Sühnegeld gezahlt und im nächsten Jahr geht die Geschichte von neuem los. Man muss sich fragen, wie die Isländer überlebt haben, wenn sie ununterbrochen in Fehden verwickelt waren. Dazu kommt eine ganze Reihe von Namen, Nebenfiguren und Verwandtschaftsverhältnissen, bei denen man leicht den Überblick verliert. Natürlich kann der Nacherzähler nichts für den Stoff an sich. Ich gehe davon aus, dass einiges weg gelassen wurde und die Sagas eine ganz andere Bedeutung erlangen, wenn man die Helden als seine Vorfahren betrachten kann und mit ihnen aufgewachsen ist. Abgesehen davon gefiel mir jedoch auch die Nacherzählung nicht wirklich. Die Sprache war weder modern noch so markig, wie ich es bei uralten Sagen erwarten würde. Vielmehr kam sie mir oft etwas uninspiriert vor. Am schlimmsten fand ich, dass die wörtliche Rede in keiner Weise gekennzeichnet war, sondern ohne Absatz und Anführungszeichen im Text verschwand. An einer Stelle war von einer "Hiobsbotschaft" die Rede. Auch wenn dieses Wort in den deutschen Sprachgebrauch völlig eingegangen ist, hat es doch mE in einer Nacherzählung isländischer Sagen aufgrund seiner biblischen Herkunft nichts zu suchen, das passt einfach nicht zusammen. Insgesamt hat mich das Buch eher enttäuscht, auch wenn es ganz interessant zu lesen war.