Rezension zu "Digitale Aufklärung" von Ossi Urchs
Digitale Vernetzung ist überall. Zunehmend und mit rasantem Tempo sich weiter verbreiternd. In erheblicher Geschwindigkeit hat sich die Welt in den letzten 20 Jahren miteinander und ineinander vernetzt.
Seit ebenso langer Zeit bietet dieser Fakt einerseits Perspektiven und Chancen des technischen Fortschritts und des „Zusammenrückens“ mittels intensiven Informationsaustausches (wie sich auch politisch im „arabischen Frühling“ gezeigt hat) und andererseits ebenso Grund für Bedenken und Skepsis ob der Folgen der nicht zu bewältigenden Informationsdichte, der Verlagerung sozialer Bindungen in digitale Welten hinein und auch des „Verlustes an Wissen“ (da nichts mehr „im Kopf“ behalten werden muss, wenn es jederzeit nur einen „Klick“ entfernt wartet).
In diesen Fragen beziehen Urchs und Cole von Beginn an klar Stellung schon mit ihrem Untertitel: „Warum uns das Internet klüger macht“. Ohne dabei die Problematiken unter den Tisch fallen zu lassen oder zu verniedlichen.
Die „Beschleunigung des Alltages“ wird im Buch wahrgenommen und differenziert betrachtet, bevor die Autoren ihre Schlüsse aus dem Status Quo der digitalen Welt ziehen und durchaus praktisch werden in ihren Impulsen für einen konstruktiven Umgang mit diesen Möglichkeiten. Impulse, die von politischen Dimensionen („Politik in Echtzeit““) bis hin zu ethischen Überlegungen im Buch reichen.
Überspitzt formuliert kann man dabei einen der Grundgedanken der Autoren schon in ihrem knappen Satz über „Twitter“ herauslesen: „ Zu 99 Prozent Mist..... – aber wegen des einen Prozents lohnt sich die ganze Mühe“.
Wobei, ganz so überspitzt „wenig“ sehen die Autoren das Internet natürlich nicht.
Im Laufe der sehr flüssigen, verständlichen und nachvollziehbaren Lektüre wird deutlich, dass das Internet eine Entwicklungssprung darstellt, der seinesgleichen in der Geschichte sucht und tatsächlich wohl mit der Umwälzung des Denkens und der gesellschaftlichen, geisteswissenschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen im Zuge der Aufklärung am Ende des Mittelalters einhergehen.
Eine Herausforderung, die bewältigt werden muss, das steht für die Autoren fest im Raum. Die Vernetzung und der technische Fortschritt werden sich nicht zurückdrehen lassen, die Kompetenzen zur Informationsaufnahme und Auswahl, die politische Offenheit durch Vernetzung, die wirtschaftliche Geschwindigkeit stellen den Einzelnen vor die Aufgabe einer „inneren Flexibilisierung“. Eine Aufgabe, die aber zum einen bewältigt werden kann und zum anderen eine Vielzahl positiver Entwicklungen vorantreibt.
„Vernetzung bedeutet immer Veränderung“, das ist das eine.
Und so wird vom Nutzer geradezu gefordert als Teil einer modernen Welt, dass eine Bereitschaft zur Veränderung sich entfaltet. Wie die Autoren am Beispiel der Hersteller von Navigationsgeräten aufzeigen, ist dies eine „Forderung der Realität“. Ignoranz der Veränderung führt zum Untergang. Wie übrigens zu allen Zeiten der Evolution.
Wie das gehen kann, wie das Neue integriert werden kann und deutlich mehr an Eigenverantwortung auf das Individuum zukommt (aber auch bewältigt und positiv integriert werden kann) das zeigen die Autoren nicht nur überzeugend, sondern auch unterhaltsam auf und bieten somit ein Handbuch für die vernetzte Welt, das rundherum als gelungen betrachtet werden kann. Ohne zu verschweigen, dass nicht wenig Altvertrautes in naher Zukunft ausgedient haben wird.