Rezension zu "Mein Afrika" von Timo Heiny
Timo Heiny nennt dieses Buch "Mein Afrika". Das verwirrt ein wenig, denn seine Bilder zeigen vor allem Porträts von Menschen, welche zu Stämmen in Ostafrika gehören, die noch "ursprünglich" leben. Das ist die Bezeichnung, die die Autorin des Vorwortes gerne wählt. Vielleicht weil sie ein wenig romantisch klingt und in ein bestimmtes, leicht verklärtes Weltbild passt. Tatsächlich leben diese Menschen unter Bedingungen, wie sie im Europa der Steinzeit herrschten. Ob man diese Zeit wirklich verklären sollte, mag man bezweifeln. Glaubt man jedoch dem Vorwort, dann müssen diese Menschen völlig glücklich gewesen sein, denn der "Konsumismus" hatte sie schließlich noch nicht erreicht. Mir würden noch einige sarkastische Bemerkungen zu solchem Unfug einfallen, doch das würde dem wirklichen Inhalt des Buches - den Fotografien - nicht gerecht werden. Dass in und zwischen diesen Stämmem für Romantik kein Platz zu sein scheint, sieht man alleine daran, dass zum Stolz der fotografierten Krieger auch gelegentlich eine AK 47 gehört, die man als Kalaschnikow kennt.
Vergisst man das Vorwort und betrachtet man die wirklich hervorragenden Porträts, dann erzeugt dieses Buch eine ganz andere Wirkung. Es bietet einen gewissen Einblick in eine Kultur, die wir vergessen haben, obwohl einst auch unsere Vorfahren wohl so ähnlich gelebt haben müssen. Man kommt beim Betrachten dieser Menschen auf die verschiedensten Gedanken, zum Beispiel auf die Frage, warum es ausgerechnet in der Wiege der Menschheit an bestimmten Stellen zu keiner wesentlichen Entwicklung gekommen ist. Wären nicht die Europäer in Afrika eingefallen, stände wohl fast der gesamte Kontinent noch auf der Entwicklungsstufe dieser Stämme.
Es war die Intention des Fotografen diese Menschen so zu fotografieren, solange sie noch ihre "Ursprünglichkeit" besitzen. Sieht man die Bilder unter einem rein technischen Blickwinkel, dann erweisen sie sich als ungemein eindrucksvoll. Hier macht es auch nichts aus, dass sie sich nur in Schwarz-Weiß-Tönen zeigen. Dem Anliegen des Autors und wohl auch den Interessen von Völkerkundlern kämen Farbfotografien sicher näher. Aber an dieser Stelle haben sich offenbar der Künstler und seine Erfahrungen durchgesetzt. Für Ethnologen, Liebhaber von Porträtfotografien und Afrika-Enthusiasten wird sich dieser Bildband gewiss als eine Fundgrube erweisen.