Cover des Buches Gegen den Strom (ISBN: 9783775156950)
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Rezension zu Gegen den Strom von Timothy Kang

eine autobiographische Erzählung über das (Über-)Leben im diktatorisch regierten Nordkorea

von JDaizy vor 8 Jahren

Rezension

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JDaizyvor 8 Jahren
„Wenn der Himmel einem Menschen eine große Aufgabe überträgt, lässt er ihn zuvor großes Leid und körperliche Anstrengungen erdulden. Er lässt ihn einen Hunger durchstehen, der den Körper bis auf Stück Leder abmagert. Er lässt ihn leben, ohne das er etwas hätte, das er er sein nennen könnte. Und er lässt ihn in allem, was er tut, scheitern, um ihn zu lehren, in den schwierigsten Lebenssituationen durchzuhalten.“ (Mengzi)


Timothy Kang ist noch ein Kind als er mit seiner Mutter aus Nordkorea flüchtet. Doch er wird entdeckt und abgeschoben. Ohne Prozess wird er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und erlebt zusammen mit anderen Häftlingen die grausame, gnadenlose Strafe des diktatorischen Regimes. Doch Timothy Kang überlebt und erfüllt sein Versprechen, dass er seinem Mithäftling Paul gegeben hat:
„Du musst hier lebend herauskommen und allen Menschen berichten, was hier geschieht.“
Die Entscheidung für dieses autobiographische Buch fiel also in den dunkelsten Zeiten seines Lebens. Er wollte nicht länger darüber schweigen und er will, dass dieses Buch die Menschen außerhalb Nordkoreas erreicht und bewegt. Und vielleicht wird sein Traum eines Tages tatsächlich Wirklichkeit: die Befreiung Nordkoreas vom diktatorischem Regimes und eine gütliche Wiedervereinigung Koreas.

Das Thema Nordkorea ist erst kürzlich wieder durch den umstritten Test einer Wasserstoffbombe in den Medien gewesen. Doch was weiß man von diesem isolierten, künstlich rückständig gehaltenen Land. Ich war sehr bewegt, unter welchen trostlosen, einsamen Bedingungen die Bevölkerung (vor allem auf dem Land) leben muss. Hunger bestimmt den Alltag. Alles ist streng reglementiert und wer hinterfragt oder aufbegehrt, landet im Gefängnis oder in Straflagern.
Die Zustände in diesen Lagern sind oft unmenschlich und haben mich zutiefst erschüttert.
Im Gedächtnis geblieben sind mir vor allem zwei Situationen, in denen zum einen ein Arbeitseinsatz auf den Feldern beschrieben wird und zum anderen, dass sogar eine Ratte ein „Festmahl“ ist, wenn es darum geht nicht zu verhungern.

Etwas was mich an die Kasten in Indien erinnert hat, ist die Unterteilung der nordkoreanischen Bevölkerung, nach dem Songbun. Dieser Status ist angeboren und kann auch nicht durch Bildung verbessert werden. Ausbildung und Beruf sind nicht frei wählbar und somit werden Menschen auch nicht nach ihren Fähigkeiten eingesetzt, sondern nach ihrer Klassenzugehörigkeit. Die Heranwachsenden erfahren keine Liebe und Annahme und haben keine Perspektive, keine Zukunft. In diesem Zusammenhang spricht der Autor auch die Flüchtlingsproblematik an. Denn auch er hat selbst erlebt, wie schwer es ist als Flüchtling in einem anderen Land Fuß zu fassen.
Diese Erfahrungen sind auch für Menschen interessant, die sich vielleicht nicht unbedingt für Nordkorea an sich interessieren. Gerade jetzt, wo auch in unserem Land aktuell viel über die Flüchtlingsproblematik diskutiert wird.

Das Buch ist als Hardcover im SCM-Verlag erschienen. Es überzeugt mit griffigen Seiten und einer angenehm großen Schrift. Sehr gut haben mir auch das Gedicht zu Beginn und die vereinzelten schwarz-weiß Zeichnungen im Buch gefallen.
Das Cover erinnert in der Gestaltung und Farbgebung an die nordkoreanische Flagge. Im Hintergrund kann man aber die Gefängnisse erahnen. Diese Verbindung finde ich sehr gelungen, weil es ein unfreies Land zeigt.
Für den Autor spielt der christliche Glauben eine sehr wichtige Rolle. Man findet dazu immer wieder Passagen in seinen Erzählungen und zum Ende hin fügt er in seinen Text auch vermehrt Bibelstellen ein. Nur der Glaube hat ihn in den schwersten Zeiten seines Lebens Halt gegeben. Und da das Buch autobiographisch erzählt, sollte man kein objektives Sachbuch erwarten, dass ausschließlich über die Zustände in Nordkorea berichtet. „Gegen den Strom“ ist vielmehr eine autobiographische Erzählung über das (Über-)Leben des Autors, der sich nichts sehnlicher wünscht als Freiheit für seine Heimat.


Fazit:
Ein bewegende Geschichte eines heranwachsenden Jungen im diktatorisch regierten Nordkorea. Schonungslos offen, berührend und trotz des großen Leids voller Hoffnung.
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