"Linke Daten, rechte Daten" ist ein interessanter Einblick in die Statistik und vor allem deren Auslegung. Es ist erschreckend und faszinierend zugleich, wie ein und dieselbe Kurve für diverse Ziele ausgelegt und gedeutet werden kann. Es hat mir gut gefallen, dass es hier nicht darum geht zu sagen, was richtig oder falsch ist, sondern lediglich, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass man sich nicht zwangsläufig auf etwas verlassen kann, nur weil eine Statistik daneben abgedruckt ist. Das Buch ist eine Einladung, alles zu hinterfragen und immer zu überlegen, wer hinter einer Statistik steckt und was damit erreicht werden soll. EIn Thema, das viel mehr Aufmerksamkeit verdient.
Tin Fischer
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Tin Fischer
Gute Karten
Linke Daten, Rechte Daten
Nach dem Wochenende bin ich erst mal #krank
Einer von Hundert wird 100
Neue Rezensionen zu Tin Fischer
Dass wir Menschen manchmal mit zweierlei Maß messen, ist nichts Neues – auch dass man nur Statistiken glauben sollte, die man selbst „gefälscht“ hat, ist mindestens unter Fachleuten bekannt. Doch ab und an sollte man sich das vielleicht vor Augen führen (lassen). Dazu ist „Linke Daten, Rechte Daten“ ein denkbarer Ansatz: Tin Fischer beginnt das Buch mit einer verblüffenden und sehr nachvollziehbaren „Anekdote“, mit der man gleich ins Thema einsteigt. Menschen neigen dazu, nur zu sehen, was sie sehen wollen – das hat aber Auswirkungen auf die Welt und wie wir sie wahrnehmen, „Wahrheit“ könnte man es auch nennen. Das Buch geht durchaus polarisierenden Fragen nach, wie etwa, warum es eine Kategorie „Ausländer“ in der Kriminalstatistik gibt oder warum Radfahren „externen Nutzen“ erbringen solle, ob es wirklich mehr Krisen auf der Welt gibt oder ob dies nur ein „gefühlter Zustand“ ist, sind wir mehrheitlich reich oder nicht? Die Antworten auf diese Fragen sind so informativ wie verblüffend. Letzteres gilt vorwiegend für die zahlreichen Beispiel, an denen Fischer seine Aussagen veranschaulicht.
Nach Lektüre des Buches wird einem bewusst sein, dass man Statistiken nicht fälschen muss, um sie als Beweis bzw. Stütze seiner Aussagen anführen zu können – manchmal reicht schon ein Perspektivwechsel, ob man einen „linken Blick“ hat oder einen „rechten Blick“ – um somit letztlich auch die öffentliche Meinung beeinflussen zu können. Die angesprochenen Themen reichen von Migration über soziale Gerechtigkeit bis zu Umweltthemen, es geht also um Politik, Gesellschaft, den Einzelnen, das Zusammenleben und damit vor allem um die Frage, wie diese sich ändern, wenn die Wahrheit letztlich „im Auge des Betrachters liegt“. Diese Erkenntnis mag bitter sein, die Lektüre ist es jedoch nicht, denn Fischer weiß es, diese Inhalte sehr unterhaltsam rüberzubringen. So öffnet er dem Leser die Augen dafür, dass vermeintlich objektive Zahlen und Statistiken alles andere als das sind, sondern man auch darauf schauen sollte, von wem sie für welchen Zweck angeführt werden. Damit leistet das Buch einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und ist definitiv lesenswert.
Ich mag ja solche grafischen Sachbücher und daher habe ich mit viel Leselust zu diesem gegriffen; zumal in aufgrund des Layoutes dachte es wäre ein Nachfolger vom Kartenbuch von Katapult. Ist es aber nicht, aber dazu später.
Erstmal zum Buch selbst: Die Aufmachung ist gut, Haptik sehr gefällig. Die Texte meist populärwissenschaftlich, also gut verständlich. Bei manchen Karten hatte ich einen guten AHA-Effekt, wie z.B. das mit der deutschen Wüste. Einige Karten sind auch sehr witzig, wie bspw. der Beweis das David Hasselhoff NICHT der Grund für den Fall der Mauer war. Bei einigen Karten habe ich mich aber gefragt, was die mit Deutschland zu tun haben. So ist die Energieverteilung in Europa ja ganz interessant, aber der Fokus auf Deutschland ist da nur sehr peripher. Manche Themen oder Karten fand ich zudem auch sehr skurril und konnte mit ihnen wenig anfangen, wie bspw. auf Seite 10/11 "Wie Münchner Deutschland sehen". Erstmal war die Karte auf den Kopf gestellt und was Italien damit zu tun hat, hat sich mir auch nicht erschlossen.
Nun aber zu meiner Hauptkritik: Als regelmäßige Katapultleserin und Liebhaberin ihres ersten Kartenbuches ging ich davon aus, dass dies Band 2 wäre. Denn der Verlag war der gleiche und die Optik/das Layout waren auch nahezu identisch. Aber dem ist leider nicht so. Da Katapult mit den Vertragsbedingungen nicht mehr einverstanden war, hat der Verlag HoCa einfach dreist "fremde" Journalisten engagiert und das Erfolsgkonzept geklaut. So sind bspw. einige Karten fast identisch mit dem ersten Kartenbuch von Katapult. Der Chefredakteur von Katapult hat das ganze in 2 Artikeln alles detalliert aufgedröselt:
- https://katapult-magazin.de/de/artikel/artikel/fulltext/zeit-autoren-kopieren-gesamtes-katapult-buch/
- https://katapult-magazin.de/de/artikel/artikel/fulltext/eierbuch-story-eskaliert/
Klar, nun könnte man sagen, egal. Hauptsache das Buch ist gut. Ich finde sowas aber ganz und gar nicht ok. Weil es hier um Urheberrecht geht und große Verlage hier mal wieder ihre Macht ausspielen. Für mich ein NoGo. Es gibt auch Kartenbücher von anderen Autor:innen. Katapult hat da kein Monopol drauf. Aber sich so am Layout und Inhalt zu bedienen, um damit auf der Erfolgswelle weiter zu schwimmen ohne die Original-Autor:innen ist ganz schlechter Stil. Damit gibt es von mir hier nur 3 Sterne und das ist noch wohlwollend.
Mein Fazit: Klar könnt ihr auch dieses Buch kaufen, aber holt euch lieber die Originale von Katapult (da gibt es aktuell insgesamt 3).
Gespräche aus der Community
Community-Statistik
in 16 Bibliotheken
auf 1 Merkzettel