Cover des Buches Geigen der Hoffnung (ISBN: 9783863341176)
Rezension zu Geigen der Hoffnung von Titus Müller

Ein ganz besonderes Kapitel der Musikgeschichte

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Berührend, erschreckend, spannend - anders lässt sich dieses Buch nicht beschreiben. Ein Buch, das unbedingt gelesen werden sollte...

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren
Amnon sammelt Geigen. Aber nicht irgendwelche - sondern die Instrumente, die in den Konzentrationslagern von Juden gespielt wurden. Die Musik rettete Leben und erhielt die Hoffnung am Leben. Amnon geht den Geschichten dieser Geigen nach. Marek ist ein junger Musiker im KZ von Dachau. Zusammen mit seinem Bruder kämpft er 1944 ums Überleben.

Christa Roth und Titus Müller haben zusammen ein bewegendes Buch über ein - zumindest für mich - eher unbekanntes Kapitel des Dritten Reiches geschrieben. Mir war bis dahin nicht bewusst, was für eine wichtige Rolle die Geigen im KZ einnehmen konnten und wie sie einerseits für eine groteske Situation sorgen und andererseits Hoffnung schenken konnten. Musik hat Macht - das wird in diesem Buch besonders deutlich.

Die Journalistin Christa Roth beschreibt die Geschichte rund um den Geigenbauer Amnon Weinstein, der mehr als 60 Geigen bis jetzt gesammelt hat. Mit ihrem journalistischen Schreibstil, der mehr an einen Zeitungsartikel, denn an einen Roman erinnert, hatte ich am Anfang stark zu kämpfen. Mit ihrem sachlichen Schreibstil hält sie den Leser auf Distanz. Es ist schwierig, mit Amnon warm zu werden. Zudem ist insbesondere der erste Teil, in dem sie die Geschichten von Amnon und seinem Vater Moshe miteinander vermischt, teilweise verwirrend zu lesen. Teilweise fehlt der Bezug dazu, ob nun von Moshe oder von Amnon die Rede ist. Die zusätzlichen Zeitsprünge tragen ebenfalls zu dieser Verwirrung vorbei. Dies ändert sich aber im weiteren Verlauf des Buches und die Distanz zu Amnon verringert sich ebenfalls.

Deutlich besser hat mir der "Romanteil" durch Titus Müller rund um die Geschichte von Marek gefallen. Ich finde es immer noch schade, dass nicht auch die Geschichte um Amnon im gleichen narrativen Stil geschrieben wurde. Durch Marek erlebt man die Grausamkeit und Brutalität des Nazi-Regimes deutlich zu spüren. Es ist erschreckend zu lesen mit welcher Menschenverachtung und psychischer und physischer Gewalt Menschen im Dritten Reich behandelt wurden. Eigentlich unvorstellbar, dass so ein Handeln und Denken im aufgeklärten 20. Jahrhundert noch möglich war.

Titus Müller greift diese Schrecken auf und lässt seine Figuren dieses Leid miterleben. Gekonnt lässt er den Überlebenskampf wieder auferstehen und zeichnet die Selbstzweifel des jungen Musikers Marek nach.

Damit ist das Buch auch gleichzeitig eine Warnung für heute - in einer Zeit, in der rechte Parteien immer mehr die Oberhand in Europa gewinnen. Das Buch macht deutlich, wohin ein rassistisches Denken führen kann und warnt davor, den gleichen Fehler noch einmal zu begehen.

Das Buch zeigt aber auch auf, dass es selbst im KZ neben all den Sadisten auch gute Menschen gab, die sich die Menschlichkeit bis zum Schluss bewahrten. "Geigen der Hoffnung" ist ein Buch, das einen nicht kalt lässt. Es berührt, verstört und gibt Hoffnung gleichermaßen - ein Must-Read, nicht nur für Liebhaber von historischen Romanen.
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