Ich kam endlich dazu, "Klingenfieber" zu lesen. Der Klappentext ließ eine spannende Geschichte um Rache und Schwertkunst vermuten.
Leider ist davon im Buch selbst nicht viel übrig geblieben. Erenis zieht durch die Lande und fordert in jedem Dorf den stärksten Mann heraus um ihn zu töten. Sie tötet nur die Männer. Der 16-jährige Stenrei folgt ihr weil ... ja, eigentlich kann man sagen, dass er ihr folgt, weil er sie geil findet. Er hat sie nämlich beim Baden beobachtet, der kleine Spanner, und so begegnet uns Erenis in ihrer ersten Szene direkt fast nackt. Das fängt ja gut an. Erenis stößt ihn immer wieder zurück, bis sie schließlich zulässt, dass der Junge sie begleitet. Warum auch immer.
Über die Hälfte des Buches passiert dann erstmal gar nichts. Erenis und Stenrei ziehen von Dorf zu Dorf, Erenis tötet immer wieder ihre Herausforderer und weiter gehts. Das ist nicht nur langweilig, es wird auch noch extra langweilig gemacht, indem uns die Kämpfe in Zusammenfassungen erzählt werden, in etwa wie "Dann kamen sie nach XYZ. Dort kämpfte Erenis gegen einen breiten Schmied, der mit dem Hammer gegen sie kämpfte. Nach wenigen Minuten hatte sie ihn niedergestreckt." Mehr ist es nicht.
Wenn Erenis dann ihre Backstory erzählt wird es etwas interessanter, wobei das viel zu spät kommt. Dann erfährt sie, dass Leute, die sie für tot gehalten hatte, noch am Leben sind und dann fängt erst das richtige Abenteuer an. Nach der Hälfte des Buches.
Zwischendurch folgt man noch einem Gesetzeshüter, der einen Narren an Erenis gefressen hat und links und rechts alles tötet und/oder vergewaltigt, was ihm über den Weg läuft.
Was mich zu meinem absolut größten Kritikpunkt neben der faden Story bringt: Sexismus. Die Nachricht, die dieses Buch überbringt, ist nämlich, dass alle Männer lüsterne Schweine sind, die auf Frauen herabblicken und sie diskriminieren. Selbst Stenrei ist ja nur bei Erenis, weil er sie geil findet und holt sich mehrfach einen darauf runter, dass sie im Nebenzimmer schläft. Frauen werden gleichzeitig aber nur auf ihre weiblichen Züge reduziert, es sei denn sie sind Klingentänzerinnen wie Erenis - dann werden sie auf ihre weiblichen Züge UND ihren Umgang mit dem Schwert reduziert. Es gibt nicht eine Figur, die nicht diesem Denken unterliegt. Frauen sind für Sex (einvernehmlich oder nicht) da, Männer wollen nur das Eine und müssen ausgemerzt werden.
Irgendwo verstehe ich Erenis Gedanken ja sogar, immerhin ist ja kein einziger Mann in diesem Buch ein normaler Mensch, der eine Frau auch respektieren kann. Allerdings ist ihre Ausführung, einfach durch die Dörfer zu ziehen und die stärksten Männer jedes Dorfes zu töten so hinbefreit. Im Buch wird sogar darüber diskutiert, aber Erenis bleibt bei ihrer Einstellung "AlLe MäNnEr SiNd ScHwEiNe!" und schnetzelt sich durch unschuldige Menschen. Sie erwähnt, dass es wohl einen Moment während des Kämpfens gibt, der für sie entscheidet, dass sie ihren Gegner nicht leben lässt, sondern ihn töten muss, weil er in diesem Moment sie nur noch als Frau und nicht als Gegner sieht, nur noch das Lüsterne in seinen Augen hat. Stenrei sucht während den nächsten Kämpfen nach diesem Etwas, findet es nicht und damit ist die Sache erledigt. Er scheint sie dafür zu verurteilen, dass sie alle Männer so sieht - dabei hat er selbst immer nur die ganze Zeit im Kopf, wie er sie am liebsten ins Bett im Kornfeld werfen würde. Fast so schlimm wie der Gesetzeshüter, der während seiner Verfolgung mindestens 3 Frauen aufs Übelste vergewaltigt, so dass eine sogar währenddessen stirbt - das wird alles sehr genau beschrieben.
Warum vergebe ich trotzdem noch 2 Sterne? Das weiß ich selber nicht so genau. Wenn ich einen Stern vergebe, ist das Buch für mich meistens eine Vollkatastrophe. Und keine Frage: "Klingenfieber" ist scheiße aufgrund des sexistischen Weltbilds, das kaum hinterfragt wird. Die Story kommt kaum in Fahrt, aber immerhin sehe ich eine halbwegs interessante Grundidee. Auch die Kämpfe gegen Ende waren nicht von schlechten Eltern (auch wenn ich es etwas lächerlich finde, wie manche hochgelobte Kämpfer und Kämpferinnen draufgehen). Während des Schreibens dieser Rezension bin ich immer wieder hin und her gesprungen zwischen einem und zwei Sternen. Vermutlich wäre 1,5 Sterne die passendste Bewertung.