Gekauft habe ich es mir aufgrund des ansprechenden Covers. Zu Ende gelesen habe ich es, weil ich immer darauf gewartet habe, dass noch etwas Entscheidendes passiert. Man kann es so und so sehen, mir hat das Entscheidende gefehlt.
Als ich das Buch schließlich zuklappte, war ich begeistert. So unrealistisch und so nah am Geschehen: Zwei russische Hexen in Paris, ein Marder, ein Pastor, zwei Flöhe, ein Verrückter und ein Unschuldiger. Und die Geschichte wird einfach erzählt, nüchtern, ohne Umschweife, ohne Begründung und ohne Rechtfertigung.
Toby Barlow
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Toby Barlow
Baba Jaga
Scharfe Zähne
Sharp Teeth
Neue Rezensionen zu Toby Barlow
Toby Barlow gelingt mit diesem Werk eine fulminante Abenteuergeschichte rund um Paris, die CIA und Hexen. Dabei handelt es sich ganz bestimmt um Erwachsenenliteratur, denn die Phantastik des Werks ist so sanft in die Seiten einmassiert, wie man es nur selten von diesem Genre gewohnt ist. Ein Vergleichswerk wäre wohl Der Meister und Margarita von Michail Bulgakow.
Doch ich komme erst einmal zum Inhalt:
Zoja und Elga sind zwei Baba Jagas, die bereits eine halbe Ewigkeit auf der Welt sind, wobei Elga die deutlich ältere ist. Die zwei waren einst mit drei anderen Hexen aus Russland nach Paris geflohen. Diese drei anderen Hexen verloren sie auf dem gefährlichen, entbehrlichen Weg nach Paris. Beide haben ein gebrochenes Verhältnis zu Männern und folgen der Maxime, sich nicht zu binden und somit auch unentdeckt zu bleiben. Paris weiß nichts von der Existenz des Magischen in der Welt. Elga wird langsam kirre im Kopf, da sie schon zu lange auf der Welt lebt. Ein manischer Hass gegen Zoja hat sich in ihr aufgestaut, weshalb sie die Jüngere unbedingt töten will. Zusammen mit ihrem Ratz Max plant sie ihren Feldzug.
Will ist ein Werbeberater aus Amerika, der sich in die Stadt der Liebe verliebt hat, doch mittlerweile kaum noch Kunden hat, die er beraten könnte. Einzig sein Kunde Brandon, dem er immer wieder Informationen unter der Hand zu spielt, ist ihm treu. Will lernt Oliver kennen, ein Hallodrian vor dem Herrn. Bei Oliver entsteht der Eindruck, will würde auch bei der Firma (CIA) arbeiten und aus diesem Missverständnis entwickelt sich eine lange Kette von Ereignissen.
Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie dieses Gewürz Elga etwas nützen könnte, aber sein Gehirn war von der Anstrengung, so viele irrationale Ereignisse begreifen zu müssen, schon über Gebühr beansprucht. Er entschied, dass es an der Zeit ist, nicht mehr gegen den Strom all dieser unsinnigen Begebenheiten zu schwimmen und sich einfach dieser wilden, phantastischen Flut zu überlassen. - S. 300
Der Kommissar Vidot untersteht seit kurzem dem Hauptkommissar Maroc, der ihm leider gar nicht gefallen will. Dieser teilt ihm und einem Kollegen einen mysteriösen Todesfall zu, dessen Aufklärung alles von Vidot abverlangen wird... Er gerät nämlich in die Fänge Elgas und auf einmal berichtet Vidot aus einer ganz neuen Perspektive über seine Erlebnisse.
Er gluckste alkoholisiert, und seine Lider flackerten, während, eine nach der anderen, eine Kette von imaginären gelben Entchen flink über die See seines inneren Sinns schwammen, ein jedes von ihnen flüchtige Rauchwölkchen hervorküssend. - S. 49
Der Roman ist in fünf Bücher eingeteilt, dessen Beginn mit einem netten Zitat eines Zeitgenossen der 50er Jahre eröffnet wird. Die einzelnen Bücher sind im Durchschnitt 100 Seiten lang. Innerhalb der Bücher gibt es wiederum einzelne Kapitel, die mit römischen Ziffern durchnummeriert sind. Diese Kapitel sind aus verschiedenen Perspektiven geschrieben, dabei aber nicht aus der Ich-Perspektive, was ich als angenehm empfand. Zudem werden 'Hexenlieder' zwischen geschoben. Diese Lieder sind stark poetisiert und verwirren zu Beginn. Sie werden von den drei verstorbenen Hexen gesungen, die auf der Flucht verloren gingen, denn Hexen können nach ihrem Tod weiterwirken.
Barlow schafft es - neben der beeindruckenden Verkettung der Ereignisse – problematische Themen zu behandeln. So geht er z.B. auf den Feminismus ein, bzw. auf die Macht des Patriarchats und wie lange und stark Frauen von Männern unterjocht wurden. Die Hexen sind erdverbundene Frauen, die sich vom Mann losgesagt haben, ihn als Lustobjekt wahrnehmen. Gleichwohl wird die Unabhängigkeit auch kritisiert, denn fernab von Matriarchat und Patriarchat gibt es immer noch die Liebe und die Leidenschaft... Und diese stellt Barlow ganz wunderbar da.
Es war ein unbestimmtes Gefühl, eine ungreifbare Macht, die da am Werk war. Sie spürte, wie diese seltsame Kraft ihre Seele unentrinnbar fest umklammerte. Es fühlte sich wie ein Zauber an – sie kannte sämtliche Symptome, aber sie wusste auch, dass sie nicht verhext war, es war ihre eigene Entscheidung, geboren aus einer Zuneigung, die alle ihre alten Muster und Gewohnheiten außer Kraft setzte. Anstatt sich also in die dornigen Sträucher zu schlagen, blieb sie. - S. 399
Außerdem spricht er den Kalten Krieg deutlich an. Paris in den 50ern ist bunt, aber eben auch überwacht. Sowjetische und amerikanische Spione infiltrieren die Pariser Firmen und Veranstaltungen, wollen alles wissen und genau nachvollziehen, was die Franzosen als nächstes vor haben. Spannend! Vor allem die Kritik am CIA ist deutlich zu spüren.
Ebenso fand ich es schön, wie Barlow auf den Verlust der Beziehung zur Natur eingeht. Gerade Elga und Zoja erinnern sich an Zeiten, die freier und naturverbundener waren. Auch ihre Magie funktioniert nur über Kräuter, durch das Lesen von Eulengewöllen und ähnlichem... Eine Rückbesinnung wird zwar nicht verlangt, doch die Melancholie und Sehnsucht danach wird sehr deutlich.
Vergangenes bedauern frisst nur die Zukunft auf. - S. 495
Ganz besonders habe ich mich in Zoja (und ihren Namen) verliebt. Sie ist wohl meine Lieblingsfigur. Gleich danach folgt wohl Vidot... Er hat solch schöne Formulierungen genutzt und so schöne Dinge gedacht. Eigentlich kann man sich mit jedem Charakter anfreunden. Barlow macht es dem Leser leicht, eine Herzensfigur zu finden, da jede Figur in seiner charakterlichen Komplexität beschrieben wird und von den anderen Figuren reflektiert.
Eine Frau verführen konnte jeder Idiot, doch seine Gefährtin zu kennen und zu lieben erforderte wahre Intelligenz. - S. 52
Es handelt sich wirklich um einen komplexen Roman, der einiges vom Leser abverlangt, dabei aber viel schenkt. Wer Lust auf ein verrücktes Vexierspiel hat, ist hier genau richtig. Zu Beginn brauchte ich etwas, um mit den Personen hinterher zu kommen, doch mein Durchhaltevermögen wurde belohnt!
Hexen, CIA-Agenten und ein pfiffiger Kriminalbeamter...
...Damit wirbt der Buchrücken bei "Baba Jaga" von Tony Barlow und das ist auch genau, was der Leser bekommt. Das Buch ist weder ein Fantasyroman, noch ein klassischer Krimi oder ein Thriller. Es ist ein schöner Spionageroman mit Magie, Liebe und Paris.
Der Buchrücken vergleicht das Buch außerdem mit Bulgakows "Der Meister und Margarita" und auch da kann ich nur beipflichten. Allerdings fand ich, dass Baba Jaga fast eine bessere Version dieses Klassikers darstellt, da es wesentlich spannender ist und trotz der turbulenten Ereignisse einen eindeutigen roten Faden aufweist.
Insgesamt fand ich den Stil und die Story ziemlich gut und habe nicht so richtig was an dem Buch auszusetzen.
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