Cover des Buches Der alte Fritz (ISBN: 9783455502190)
Bellis-Perenniss avatar
Rezension zu Der alte Fritz von Tom Goeller

Soldatenkönig oder Musicus oder "Aufgeklärter Konservativer"?

von Bellis-Perennis vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Großartige Biographie eines Monarchen, besticht durch jede Menge Zitate und Originalaussagen

Rezension

Bellis-Perenniss avatar
Bellis-Perennisvor 7 Jahren
Journalist und Autor Tom Goeller nähert sich dem „alten Fritz“ bedächtig an. In drei Themengruppen „Mensch - Monarch – Mythos“ betrachtet er den König von Preußen. Die Vorgeschichte, wie Preußen ein Königreich wird, darf auch nicht fehlen. Dies ist zum besseren Verständnis notwendig, genau wie die Beleuchtung Fritzens Umfelds.

Der Themenbereich „Mensch“ umfasst die problematische Beziehung zu seinem Vater Friedrich Wilhelm, der von seinem Sohn nichts, aber auch gar nichts hält und ihn mit despotischer Gewalt drangsaliert. Friedrich ist musikalisch und den schönen Künsten nicht abgeneigt. Dies wird ihm beinahe zum Verhängnis genauso wie seine Freundschaft zu Hans Hermann von Katte, den Friedrich Wilhelm vor den Augen seines Sohnes hinrichten lässt. Sehr aufschlussreich ist der erhaltene Tagesablauf mit dem der kleine bzw. junge Fritz gequält wurde.

Der zweite Bereich „Monarch“ umfasst nicht nur Fritzens Wirken als König in Preußen sondern auch sein Verhältnis zu den Mächtigen seiner Zeit. Als Erzfeind von Österreich unter Maria Theresia geht er als „Soldatenkönig“ und siegreicher Feldherr in die Annalen der Geschichte ein. Friedrich ist ein kluger Stratege, der auch im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg durch die Entsendung von Soldaten mitmischt.
Neben seinen kriegerischen Ambitionen legt er den Grundstein für die sprichwörtlich „Preußische Gründlichkeit“. Er reformiert den Staat, lehnt die Verschwendungssucht ab und zieht sich am liebsten in die Einsamkeit seines Schlosses „Sanssouci“ zurück.

Im dritten Abschnitt „Mythos“ behandelt der Autor vor allem die Vereinnahmung durch die Nazis bzw. Politik der DDR. So lässt Goeller auch die DDR-Historikerin Ingrid Mittenzwei zu Wort kommen. Auch das Histörchen, dass er einen Erdäpfelacker von Soldaten bewachen ließ, um der Bevölkerung die „Kostbarkeit“ vor Augen zu führen, trägt zu seinem Mythos bei. (Ähnliche wird auch Maria Theresia zugeschrieben.)

Gut gefallen hat mir, dass Tom Goeller nicht wertet, sondern Zahlen. Daten und Fakten verarbeitet. Sehr aufschlussreich sind die vielen Zitate und Briefe. Wie es sich für einen Monarchen dieser Zeit gehörte, sprach (und schrieb) Friedrich kaum deutsch, sondern französisch. Das Unterscheidet ihn stark von seiner Feindin Maria Theresia, die sehr wohl deutsch sprach und korrespondierte.

„Ein absoluter Herrscher, der, als er starb, ein Land hinterließ, das sich trotz erstarkender Wirtschaft und geordneter Verwaltung in einer Systemkrise befand, das nach der Befreiung von feudalen Fesseln und nach Überwindung der ständischen Struktur verlangte. Ein „aufgeklärter Konservativer“.“ (S.303)“

Fazit:

Eine schöne Biographie, die pünktlich zu Friedrich II., 300. Geburtstag im Jahre 2012 erschienen ist.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks