Leider war der Autor offensichtlich nicht in der Lage, sich auf sein Werk zu konzentrieren, denn er schrieb es während seines Tradings. Daraus resultiert vermutlich der Eindruck einiger Leser, sich in einer gefühlten Endlosschleife zu befinden. Lässt man dieses Gefühl einmal beiseite, was schwer genug ist, dann hat man es mit einem Trading-Buch zu tun, das die Misserfolge der meisten Trader erklärt. Ich habe keine Ahnung, ob die Zahlen aus diesem Buch stimmen, aber sie sagen, dass bis zu 80 Prozent dieser Leute Geld verlieren, und dass nur ein Prozent tatsächlich vom Trading leben kann.
Was macht dieses eine Prozent anders als die anderen? – das ist das Thema des Buches.
Wer Trader werden möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er alles, was sonst im Leben an Geisteshaltung nötig und gut ist, hier ins Verderben führt. Manchmal schnell, manchmal plötzlich und unerwartet und manchmal über eine etwas längere Zeitspanne. Besonders in der westlichen Kultur wird einfach zu viel gedacht. Wir müssen zu allem eine Meinung haben. Und oft wissen wir gar nicht, wie diese Meinung entstanden ist. Aber wir haben sie, und wir gehen mit ihr an die Dinge, die wir erledigen müssen. Deshalb handeln die meisten Trader nur selten einen Markt, sie handeln vielmehr ihre Meinung über diesen Markt. Und wie im Leben üblich bestehen sie auf dieser Meinung. Nur hier kann diese Hartnäckigkeit oder die fehlende Einsicht in den eigenen Irrtum sehr teuer werden.
Statt eine gut laufende Position auszubauen (wenn das sinnvoll ist) oder statt eine schlecht laufende zu schließen, machen die meisten Händler genau das Gegenteil: Sie schließen eine erfolgreiche Position zu früh und eine miserable viel zu spät oder kaufen gar nach. Beides ist angstgesteuert.
Im Kern geht es in diesem Buch um dieses Verhalten in all seinen Ausprägungen. Wenn man dadurch zu einem anderen Verständnis gelangt, hat es seinen Zweck erfüllt. Allerdings reicht ein Verständnis noch lange nicht aus, um ein eingeschliffenes Verhalten zu ändern. Dazu muss man sich seinen Ängsten stellen, also zum Beispiel eine gut laufende Position vergrößern, obwohl man sie eigentlich glattstellen möchte, um die Gewinne zu sichern. Das kann sehr unangenehm sein, aber da muss man durch. Der Autor erklärt das am Ende seines Textes eindringlich.
Bei aller Wertschätzung, die ich ihm und seinem Buch entgegenbringe, kann ich aber nicht die gravierenden Schwächen seiner Ausführungen verschweigen. Der Text liest sich sehr zäh, weil immer wieder Geschichten über sich oder andere Trader eingestreut werden. Man hat das Gefühl von ständigen Wiederholungen und einer gewissen Konzeptionslosigkeit. Und natürlich vermisst man Ausführungen über den Handelsstil des Autor. Zwar sieht man einige seiner Charts und einiger seiner Trades, aber so wirklich verstanden habe ich seine Methode nicht.
Doch das ist in einer gewissen Weise zwingend notwendig. Denn: Nehmen wir einmal an, man hat eine gut laufende Position. Wann und wo soll ich sie nun aufstocken? Ich brauche dazu eine Information über die zugrundeliegende Handelsmethode. Schließlich muss ich die Position auch irgendwann schließen und kann sie nicht ewig vergrößern. Was sind dafür die Kriterien?
Mit anderen Worten: Wenn man ins Detail geht, wird es haarig. Das ändert aber den grundsätzlichen Wert dieses Buches nicht. Wer eine Verhaltensänderung nicht hinbekommt, wird es eben nicht schaffen vom Traden zu leben. Oder noch anders gesagt: Wenn nur das eine Prozent so weit kommt, ist es eine sehr schwere Aufgabe, die kaum jemand bewältigt. Erfolgreiche Trader sind besondere Menschen, denen Meinungen egal sind. Sie sind fokussiert und sehen die Dinge so, wie die Dinge sind. Wer sein Ego pflegt oder recht haben will, wird scheitern, ebenso wie ängstliche Zeitgenossen. Nur wer auf die andere Seite gelangt, wo es recht einsam ist, wird es schaffen.
Im Kern hervorragend, in der Ausführung fürchterlich