Nach biblischer Vorstellung handelt es sich bei der sogenannten „Entrückung“ um die direkte Heimholung der gottgefälligen Menschen, sozusagen als Belohnung, bevor die eigentliche schreckliche „Endzeit“ beginnt. Im Buch wird dieses Ereignis schließlich „plötzlicher Fortgang“ genannt, da die Zweifel nicht von der Hand zu weisen sind, ob es sich tatsächlich um die christliche „Entrückung“ handelt, zu willkürlich erscheint die Auswahl der betroffenen Menschen. Fiktiver Fakt bleibt jedoch, dass an einem 14. Oktober auf einen Schlag Millionen Menschen weltweit spurlos verschwunden sind.
Der Fokus des Buches schwenkt auf das Leben einer Familie in einer amerikanischen Kleinstadt, die Familie Garvey. Vater, Mutter, zwei quasi erwachsene Kinder. Keine wurde beim „plötzlichen Fortgang“ bedacht, doch jeder hat den Verlust eines nahestehenden Menschen zu verarbeiteten. Die Handlung der Geschichte setzt 2 Jahre nach dem einschneidenden Ereignis ein, mit einer Gedenkparade für die „Opfer“. Kevin Garvey ist inzwischen gewählter Bürgermeister. Seine Ehefrau Laurie hat sich der Gruppierung „Der schuldige Rest“ angeschlossen und der Familie den Rücken gekehrt. Auch Sohn Tom hat den Kontakt soweit abgebrochen und sich der Sekte „Heilende Umarmung“ und dem charismatischen Führer Holy Wayne verschrieben. Nur Tochter Jill ist noch zuhause. Durch den Einfluss ihrer neuen Freundin Aimee, die auch bei ihnen einzieht, ist sie von einer strebsamen Schülerin zu einer Schulschwänzerin geworden, Alkohol und anderen Drogen zugetan.
Jeder in der Familie sucht sich außerhalb eine neue Orientierung, einen neuen Halt in einem anderen Menschen. So bilden sich im Laufe der Geschichte Paare: Laurie und Meg, Kevin und Nora, Jill und Aimee und Tom und Christine. Nora, mit der Kevin sich datet kommt dabei ein besondere Bedeutung zu: Sie hat beim „plötzlichen Fortgang“ ihre komplette Familie verloren.
Immer wieder tauchen in der Geschichte die weißgekleideten Mitglieder der Gruppe „Der schuldige Rest“ auf, die sich einem Schweigegelübde unterworfen und in der Öffentlichkeit dauern zu rauchen haben. Rauchen? Da darf man durchaus irritiert sein, wie der Autor auf diese fixe Idee gekommen ist. Auch ansonsten bleibt der Hintergrund dieses Zusammenschlusses relativ nebulös und schwer rational nachvollziehbar. Da fällt die Sache mit dem Holy Wayne und seiner Sekte „Heilende Umarmung“ schon eher in die Kategorie: religiöse Spinner.
Der Aufhänger mit der „Entrückung“ hörte sich zunächst doch sehr interessant an für mich. Doch im eigentlichen Handlungsverlauf wird der Fakt zwar ständig erwähnt, aber nicht wirklich durchleuchtet. Die Romanfiguren reagieren so auch vor allem mit Verdrängung oder einer recht unreflektiert wirkenden Fanatisierung. Er könnte sich bei dem Roman auch einfach um den Umgang mit Verlust und Trauer ohne „Entrückung“ handeln, der für mich keine essentiell fortführende Bedeutung zukommt.
Der Stil von Tom Perrotta lässt sich gut lesen. Ihm gelingt es gut, durch die wechselweise Betrachtung der unterschiedlichen Hauptfiguren Abwechslung in den Lesefluss zu bekommen.
Einige typische amerikanische Eigenarten (beim Dating zum Beispiel) sind mir wieder mal schmunzelnd aufgefallen. Einige Konstruktionen wirken recht phantasievoll.
Fazit: Irgendwie muss es ja weitergehen. Eine ein wenig triviale Äußerung, die das Buch jedoch ganz gut zusammenfasst. Meine Erwartungen wurden nicht ganz ausreichend erfüllt.