Cover des Buches Wenn Martha tanzt (ISBN: 9783957131089)
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Rezension zu Wenn Martha tanzt von Tom Saller

*+* Tom Saller: "Wenn Martha tanzt" *+*

von Irve vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Sehr gelungenes Debut, das durch die tollen Sprecher noch an Mehrwert gewinnt. - irveliest.wordpress.com

Rezension

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Irvevor 6 Jahren

Marthas Geschichte hat mich schon mit den ersten Sätzen in ihren Bann gezogen. Die sanfte, schlichte Erzählmelodie haben mir sehr gut gefallen. Ebenso die langsame und bedächtige Entfaltung des Potentials und der Sprengkraft, die der Geschichte innewohnen. (Die Rezension ist meinem Bücherblog entnommen.) Sie hat mich trotz oder vielleicht exakt wegen ihrer leisen Töne gefesselt.

„Töne“ ist gar ein gutes Stichwort, denn Töne sind einer der Dreh- und Angelpunkte des Romans. Martha kann sie sehen, was ihr ein ureigenes, individuelles Verständnis für die Musik verschafft. Ihr seltenes Talent führt sie über Umwege in das recht neu gegründete Bauhaus in Weimar. Hier ist sie zwar fern der Heimat, dennoch fühlt sie sich sehr wohl und vor allem verstanden. Martha ist nun eine unter vielen und ihre Gabe wird im Gegensatz zu sonst zwar als besonders, aber nicht als exotisch angesehen. Sie lebt auf, lernt eine Vielzahl von Künstlern kennen, macht Bekanntschaft mit Klee, Kandinsky und vielen anderen.

Ein weiterer Dreh- und Angelpunkt des Romans ist Ella, die von einer Zukunft als erfolgreiche Fotografin träumt. Martha verfällt ihr mit Haut und Haar, würde alles für sie tun. Und dennoch: Es kann nicht sein, was nicht sein darf oder soll. So verlässt Martha schweren Herzens Weimar als die Nationalsozialisten die Macht übernommen haben, und kehrt zurück in ihre Heimat – mit einem Baby im Gepäck.
Das Leben von Martha und dem kleinen Mädchen wird weiterverfolgt, bis dramatische Ereignisse dem ein Ende machen.

Marthas Geschichte ist ein aufgearbeitetes Notenheft, das „bislang unbekannte Skizzen und Zeichnungen von Feininger, Klee, Kandinsky und anderen Bauhaus-Künstlern“, aber auch zahlreiche Notizen – einem sporadischen Tagebuch ähnlich – enthält. Als ein junger Mann dieses Büchlein findet, ist er fasziniert von dem unglaublichen Inhalt. Er ist aber auch neugierig geworden auf Marthas Leben. Da sie nur Bruchstücke ihres Lebens hinterlassen hat, und er ihr Andenken würdigen möchte, beschließt er, basierend auf diesem Material die Lebensgeschichte der Dame zu schreiben, bevor er das Notenheft versteigern lässt. So ist es nicht verwunderlich, dass dieser Roman tatsächlich eine Mischung aus wahren Fakten und kreativem, fiktiven Beiwerk des Autors geworden ist.

Der zweite Erzählfaden handelt nicht in erster Linie von Martha, sondern von dem Finder ihrer Aufzeichnungen, dem für mich dritten Dreh- und Angelpunkt des Romans. Denn mit dem Entschluss zur Versteigerung des Nachlasses ergeben sich unglaubliche Folgen, sowohl für ihn als auch für die Höchstbietende. Obwohl der Roman nun etwas an Bodenhaftigkeit verliert, konnte mich die Wende zum Schluss bis auf eine kleine Übertreibung doch ganz und gar überzeugen.

Neben der berührenden Geschichte Marthas, die sowohl den ersten als auch den zweiten Weltkrieg mit seinen vielfältigen Folgen erlebte, war es interessant, einen Teil der Erzählung im Bauhaus zu verbringen, die Menschen dort kennenzulernen und sich von ihrer Kreativität begeistern zu lassen. So kann man Geschichte hautnah und sympathisch an Hörer und Leser heranbringen! Ebenso wie mit den interessanten inhaltlichen Verläufen und der sanften Erzählmelodie, die ganz wunderbar die Stimmung des Romans untermalt, konnte mich der Autor in seinem Debut auch mit seinen Charakteren überzeugen. Sie wirkten komplett, authentisch, glaubwürdig und ihnen wurde ein ganz individueller Charme zugesprochen. Ich fühlte mich rundum sehr wohl in diesem Roman.

Ein ebenso großes Lob wie für das Geschriebene gebührt den beiden Sprechern, die die Geschichte sehr angenehm, sanft und einfühlsam interpretierten. Sie sind für mich eine Idealbesetzung, erweckten die Handlungen und vor allem die Charaktere emotional zum Leben und schenkten mir einige Stunden Hörgenuss der Extraklasse.

Inhalt
Ein junger Mann reist nach New York, um das Notizbuch seiner Urgroßmutter Martha bei Sotheby’s versteigern zu lassen. Es enthält bislang unbekannte Skizzen und Zeichnungen von Feininger, Klee, Kandinsky und anderen Bauhaus-Künstlern.
Martha wird 1900 als Tochter des Kapellmeisters eines kleinen Dorfes in Pommern geboren. Von dort geht sie ans Bauhaus in Weimar – ein gewagter Schritt. Walter Gropius wird auf sie aufmerksam, Martha entdeckt das Tanzen für sich und erringt so die Bewunderung und den Respekt der Bauhaus-Mitglieder. Bis die Nazis die Kunstschule schließen und Martha in ihre Heimat zurückkehrt. In ihrem Arm ein Kind und im Gepäck ein Notizbuch von immensem Wert – für sie persönlich und für die Nachwelt. Doch am Ende des Zweiten Weltkriegs verliert sich auf der Flucht Marthas Spur …

Sprecher
Barnaby Metschurat, Theater-, Film- und Fernsehschauspieler, wurde international bekannt durch den Kinoerfolg L’auberge espagnole. Für seine Rollen in Anatomie II und Solino erhielt er den Bayerischen Filmpreis. Außerdem spielte er in der viel beachteten Serie KDD eine der Hauptfiguren.
Anne Ratte-Polle war nach ihrer Schauspielausbildung lange festes Ensemblemitglied der Berliner Volksbühne und spielt heute hauptsächlich in Zürich und Berlin Theater. Dem Kinopublikum ist sie aus Andreas Dresens Willenbrock (2005) oder Romuald Karmakars Die Nacht singt ihre Lieder (2004) bekannt. Für Sibylle (2016) wurde Anne Ratte-Polle beim Dark Frame Film Festival Santa Fe als »Best Actor in a Female Role« ausgezeichnet. Außerdem war sie für den Deutschen Fernsehpreis und den Jupiter Award nominiert. Sie tritt regelmäßig in TV-Krimiserien wie Tatort und Polizeiruf 110 in Erscheinung und begeistert mit ihrer markanten Stimme in Hörspielen und Hörbüchern.
Quelle: Hörbuch Hamburg

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