Cover des Buches Simon Wiesenthal (ISBN: 9783886808588)
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Rezension zu Simon Wiesenthal von Tom Segev

Rezension zu "Simon Wiesenthal" von Tom Segev

von WinfriedStanzick vor 11 Jahren

Rezension

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WinfriedStanzickvor 11 Jahren
Als der 1908 geborene Jude Simon Wiesenthal aus dem Konzentrationslager in Mauthausen befreit wurde, schwor er sich, sein Leben der Aufgabe zu widmen, überall auf der Welt Naziverbrecher zu finden und sie vor Gericht zu bringen. In unzähligen Fällen ist ihm dies auch gelungen. Der israelische Journalist und Historiker Tom Segev hat nun 5 Jahre nach dem Tod des 97 Jahre alt gewordenen Simon Wiesenthal eine Biographie dieses berühmten Nazijägers vorgelegt, nachdem er als erster dessen Archiv in Wien durcharbeiten konnte. Herausgekommen ist eine kritische Biographie, die auch die Widersprüche in der Person und in dem Handeln Simon Wiesenthals nicht verschweigt und in der fast schmerzhaft deutlich wird, wie Simon Wiesenthal trotz seiner Erfolge, trotz seiner Berühmtheit und der Anerkennung, die ihm widerfuhr ( so ging er im Weißen Haus ein uns aus) zeitlebens ein Verfolgter und Gejagter war. Er, der sich selbst als Jäger verstand, blieb bis zu seinem Lebensende der Gejagte, den die Schrecken der Vergangenheit verfolgten. Tom Segev äußert die Vermutung, dass Wiesenthal sich in einem gewissen Sinne dafür bestrafen wollte, dass er überlebt hatte. Unverständlich eigentlich auch, dass er in Österreich blieb, wo er sich in der Folge mit dem jüdischen Bundeskanzler Bruno Kreisky heftige Fehden lieferte. Unvergessen auch seine größte Fehlleistung, als er der österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim vor dem Jewish World Congress in Schutz nahm, als dieser wegen seine Karriere im Zweiten Weltkrieg angegriffen wurde. Dadurch, so Segev in seinem bewegenden Buch, habe Wiesenthal den Friedensnobelpreis, der ihm so gut wie sicher war, endgültig verspielt. Simon Wiesenthal wird in dem Buch geschildert als ein „Gefangener, getrieben von den Dämonen des Holocaust.“ Eine hervorragenden Biographie eines widersprüchlichen Menschen. Dieses Buch ist ein Eckstein in der Historiographie des 20. Jahrhunderts.
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