Cover des Buches Investigating Couples: A Critical Analysis of the Thin Man, the Avengers, and the X-Files (ISBN: 9780786411238)
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Rezension zu Investigating Couples: A Critical Analysis of the Thin Man, the Avengers, and the X-Files von Tom Soter

Ein Mann und eine Frau - Eine besondere Freundschaft in den 1930ern, 1960ern und 1990ern

von TheSaint vor 6 Jahren

Rezension

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TheSaintvor 6 Jahren
Alles begann mit der Verfilmung von Dashiell Hammett's Roman "Der dünne Mann" im Jahre 1934:
W.S. Van Dyke besetzte trotz Widerstand William Powell als Nick Charles und Myrna Loy als Nora Charles und schuf somit das ultimative Traumpaar Hollywoods, welches in 13 Filmen die Kassen klingeln ließ (darunter 6 "Thin Man"-Filme). Die knisternde und auf der Leinwand spürbare Chemie zwischen den beiden Darstellern ließ das von der Wirtschaftskrise und der Prohibition arg gebeutelte Publikum jubeln und den tristen Alltag vergessen. Die Charleses waren ein ihrer Zeit weit voraus agierendes die Ehe genießendes Paar, welches mit viel Humor zwischen ihren Drinks Mordfälle löste. In jenen Tagen kannte das amerikanische Volk keine Filme, in denen das Eheleben mit Lust und Freude dargestellt wurde... und schon gar nicht gab es Kriminalfilme mit komödiantischem Einschlag. "The Thin Man" schuf ein gänzlich neues Genre und zeigte erstmals einen Mann und eine Frau, die gleichberechtigt miteinander agierten und sich gegenseitig mit einem Augenzwinkern die Bälle zuspielten...

30 Jahre später wurde diese erfolgreiche Formel neuerlich aufgenommen - diesmal fürs Fernsehen und in England: John Steed hatte sich in der Fernsehserie "The Avengers" ("Mit Schirm, Charme und Melone") an der Seite von Dr. Keel und Cathy Gale zu einem fixen und serientragenden Charakter entwickelt. Die Serie lief bereits seit einigen Jahren erfolgreich, doch die Explosion und der weltweite Export erfolgte erst, als Diana Rigg in der Rolle der Emma Peel an seine Seite trat: Mitte der 1960er sorgte dieses perfekt harmonisierende Schauspielerduo mit unglaublichem komödiantischem Timing und Talent inmitten des gesellschaftlichen und kulturellen Umbruchs, von Studentenkrawallen und Anti-Vietnam-Protesten die Etablierung einer offenen und doch sehr innigen Freundschaft zwischen Mann und Frau mit leicht erotischem Unterton. Alles schien möglich - nach allen Seiten offen. Selbständig, ungebunden, emanzipiert, stark... und doch Seite an Seite Vertrauen und tiefe Verbundenheit vermittelnd. Man half sich stets aus den verfahrendsten Situationen... stets mit Respekt und Stil... Ohne Wertung: Am Schluß eines jeden Abenteuers ein Mann und eine Frau... ein Augenzwinkern und ein Glas Champagner...

Dreißig Jahre später, in einer Zeit der Veränderung politischer Landschaften und Skandale sowie dem Auffliegen kriegstreibender Machenschaften diverser Regierungen gebiert Chris Carter die mittlerweile zum "common sense" gewordenen magischen Schlagworte: "Trust No One" und "The Thruth Is Out There". Das Volk war gegenüber der Obrigkeit mißtrauisch geworden, der Wegbruch alter Feindbilder und der Fall von Grenzen zog der Welt den Teppich unter den Füßen weg... Es war an der Zeit, die Verschleierungstaktiken der Mächtigen zu enthüllen und die berüchtigten "X-Akten" zu öffnen...
Chris Carter entsann sich der Charleses, die als Ehepaar Kriminalfälle en passant lösten und sogar Zeit hatten, Nachwuchs zu produzieren (der Sex war somit klar definiert) und des coolen Agentenduos Steed & Peel, die Leichen und die wildesten Bösewichte mit einer kecken Wortmeldung abfertigten und jeweils - obwohl weder verheiratet noch offiziell liiert - gemeinsam sehr vertraut in den Sonnenuntergang verschwanden (hier wurde ein erotisches Verhältnis vorausgesetzt jedoch nie zum Thema gemacht) und entwickelte daraus das FBI-Ermittlerduo Fox Mulder und Dana Scully, welches durch das wunderbare Zusammenspiel der Darsteller zum perfekten Krimipaar wurde. Der Gläubige und die Skeptische. Zwei sehr starke Figuren in zwei sehr verschiedenen Welten. Großer Respekt und wieder das Thema des wertungsfreien Miteinander: Nach dem glücklichen Ehepaar und dem glücklichen unverheirateten Paar präsentieren uns die 1990er das glückliche unverheiratete Kollegenpaar.

Das Buch zeigt anhand von Analysen der Filme und einzelner Folgen aus den beiden TV-Serien, wie sehr diese Serien von der perfekten Besetzung profitierten und der Idee einer wahren Freundschaft zwischen einem Mann und einer Frau.
Diese Paarungen spiegelten die Zeiten, in denen sie auftraten und wiesen den Weg für andere Filme und Serien zu einem gleichberechtigteren und wertefreieren Umgang der Geschlechter miteinander. Die Frau war nicht mehr nur eine Frau, sondern auch eine eigenständige Person...

Im Anschluss an Tom Soter's Quintessenz, die da lautet: "Wahre Freundschaft kann ewig währen und das wohl Wichtigste und Zentralste im Leben eines Menschen sein. Sie geht über den Sex, die Liebe und die täglichen Widrigkeiten hinaus und macht das Leben lebenswert", finden sich Auflistungen und Kurzangaben zu allen sechs "Thin Man"-Filmen und den Powell/Loy-Filmen sowie Episodenführer der beiden Kult-Tv-Serien.

Ein wunderbar kurzweiliges und sehr informatives Buch über die drei wohl originellsten Paarungen der Film- und Fernsehwelt. Es zeigt die Entwicklung der Rollenbilder Mann/Frau über Jahrzehnte hinweg und propagiert die Frau als eigenständige Person und die schöne aber oft schwer umsetzbare Idee einer wahren Freundschaft zwischen den Geschlechtern ohne all die anerzogenen Attitüden.

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